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deren Angaben auf den gesetzlichen Einheiten beruhen; wer sich dabei
ordnungswidriger Messwerkzeuge bedient, wird mit der gleichen Strafe
bedroht.
2. DieEichung, das ist die amtliche Prüfung und Beglaubigung
der Richtigkeit (Stempelung) der Masse, Gewichte und Wagen, wird aus-
schliesslich durch Eichungsämter ausgeübt, deren Errichtung und Besetzung
den Regierungen der Einzelstaaten zusteht. Den letzteren liegt es auch ob,
die Tätigkeit der Eichungsämter zu beaufsichtigen, dieselben mit Instruk-
tionen zu versehen, von ihnen Berichte zu erfordern und die Disziplin über
die bei den Eichungsbehörden angestellten Beamten auszuüben !). Das
Reich aber hat die Fürsorge für die gleichmässige Ausübung der Eichungs-
geschäfte seitens der landesherrlichen Eichungsämter und die Oberaufsicht
über dieselben. Zu diesem Zweck ist in Berlin eine ständige Behörde ein-
gerichtet, welche den Namen Normal-Eichungskommission
führt ?2). Ihr liegt es ob, nach beglaubigten Kopien des Urmasses und des
Urgewichtes ?) die Normalmasse und Normalgewichte herzustellen und rich-
tig zu erhalten und dieselben, sowie die von den einzelnen Eichungsämtern
bei ihrem Geschäftsbetriebe zu verwendenden Eichungsnormale und Nor-
malapparate an die Eichungsstellen der Bundesstaaten zu verabfolgen.
Sie hat ferner die näheren Vorschriften über Material und Gestalt, Bezeich-
nung und sonstige Beschaffenheit der Masse und Gewichte, sowie über die
von seiten der Eichungsstellen innezuhaltenden Fehlergrenzen zu erlassen,
sowie überhaupt alle die technische Seite des Eichungswesens betreffenden
Gegenstände und das bei der Eichung und Stempelung zu beobachtende
Verfahren zu regeln ?). Auch hat die Normal-Eichungskommission die Taxen
für die von den Eichungsstellen zu erhebenden Gebühren festzusetzen. Die
NEK. steht mit den oberen Eichungsbehörden der Staaten indirektem
amtlichen Verkehr und sie ist befugt, dieselben mit Anweisungen zu versehen.
In Bayern ist die Verwaltungskompetenz der NEKomm. vollständig
ausgeschlossen ; Bayern hat vielmehr seine eigene NEK., welche für das Ge-
biet des Königreichs diejenigen Befugnisse auszuüben hat, welche in dem
übrigen Reichsgebiet der Reichsbehörde zustehen °®). Bayern ist aber ver-
pflichtet, die Normale von der Reichsbehörde zu beziehen und die technischen
Eichungs-Vorschriften in Uebereinstimmung mit den von der NEK. des Reichs
getroffenen Anordnungen zu erlassen ®).
Die übereinstimmende Normierung des Mass- und Gewichtssystems
und des bei der Eichung und Stempelung zu beobachtenden Verfahrens
für das ganze Reichsgebiet hat die Wirkung, dass die von einer Eichungsstelle
1) M. u. Gew.O. 8$ 15—18. — 2) M. u. Gew.O. $ 19.
3) „Als Urmass (Urgewicht) gilt derjenige von dem (internationalen) Prototyp des
Meter abgeleitete Massstab (Gewichtsstück) aus Platin-Iridium, welcher durch die Inter-
nationale Generalkonferenz für Mass und Gewicht dem Deutschen Reich als nationales
Prototyp überwiesen worden ist. Derselbe wird von der Normal-Fichungskommission
aufbewahrt.‘ RG. vom 26. April 1893 $$ 2 u.5. M. u. Gew.O. 8$ 1—5.
4) M. und Gew.O. $ 19 Abs. 2 u. 3.
5) RG. v. 22. Nov. 1871 $ 3 (RGBl. S. 379).
6) M. u. Gew.O. $ 25.
Laband, Reichsstaatsrecht. 6. Aufl. 17