Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

276 Siebenter Abschnitt: Die einzelnen Zweige der Verwaltung. $ 30 
  
tion. Der Patentinhaber hat Anspruch auf angemessene Vergütung gegen- 
über dem Reiche oder dem Staate, welcher in seinem besonderen Interesse 
die Beschränkung des Patentes beantragt hat. Ueber die Frage, ob ein In- 
teresse des Heeres, der Flotte oder der öffentlichen Wohlfahrt vorhanden 
ist, sowie über den Umfang, in welchem der Patentschutz zu beschränken 
oder aufzuheben ist, entscheidet ausschliesslich der Reichskanzler; weder 
ein Verfahren vor dem Patentamt noch ein Verfahren im Rechtswege ist 
darüber zulässig. Dagegen ist die Höhe der Entschädigung des Patentin- 
habers in Ermangelung einer Verständigung im Wege des Zivilprozesses fest- 
zusetzen. 
Landespatente können seit dem Inkrafttreten des Patentge- 
setzes von den Einzelstaaten nicht mehr erteilt werden. Die Simulie- 
rung des Patentschutzes ist mit Geldstrafe bis zu 1000 Mk. bedroht; sie 
trifft denjenigen, welcher Gegenstände oder deren Verpackung mit einer 
Bezeichnung versieht, welche geeignet ist, den Irrtum zu erregen, dass diese 
Gegenstände durch ein deutsches Reichspatent geschützt seien !). 
Für den Schutz von Gebrauchsmustern dd. h. Modellen 
von Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenständen sind besondere Vor- 
schriften ergangen in dem RG. vom 1. Juli 1891 (RGBl. S. 290) 2). Sie sind 
bei dem Patentamte schriftlich anzumelden unter Beifügung einer Nach- 
oder Abbildung des Modells und einer Gebühr von 15 Mk. Ihre Eintragung 
erfolgt in einer besonderen Rolle, deren Einsicht jedermann frei steht. Durch 
die Eintragung entsteht für den Eingetragenen das ausschliessliche Recht, 
gewerbsmässig das Muster nachzubilden und die durch Nachbildung 
hervorgebrachten Gerätschaften und Gegenstände in Verkehr zu bringen, 
feilzuhalten oder zu gebrauchen. Unter verschiedenen Mustern oder im Ver- 
hältnis zwischen Mustern und Patenten begründet die Priorität der Anmel- 
dung das bessere Recht (Ges. $ 5). Die Dauer des Schutzes beträgt drei 
Jahre von dem auf die Anmeldung folgenden Tage an; eine Verlängerung der 
Schutzfrist um weitere drei Jahre tritt ein, wenn vor Ablauf der Zeit eine 
weitere Gebühr von 60 Mk. entrichtet wird ($ 8). Die wissentliche Verletzung 
des Schutzes hat gleiche Wirkungen wie die Verletzung des Patentschutzes 
($$ 9—12). Analoge Bestimmungen zum Schutz der Warenzei- 
chen enthält das Reichsgesetz vom 12. Mai 1894 (RGBl. S. 441)°). Der 
Schutz des eingetragenen Warenzeichens ist nicht auf eine bestimmte Dauer 
beschränkt, die Eintragung muss aber alle zehn Jahre erneuert werden 
(Ges. $ 8). 
Seit dem 1. Mai 1903 ist das Deutsche Reich dem internationalen Ver- 
bande zum Schutze des gewerblichen Eigentums beigetreten, nämlich dem 
Pariser Vertrage vom 20. März 1883 nebst Schlussprotokoll und der Brüsseler 
1) Patentges. $ 40. 
3) Zur Ausführung des Gesetzes ist ergangen die Kaiserl. Verordn. v. 11. Juli 
1891 (RGBil. S. 349 ff.) $8$ 19 ff. Vgl. Lass, Das Urheberrecht an Gebrauchsmustern. 
Marb. 1892. (Amtliche) Mitteilungen aus dem Kaiserl. Patenamte. Anmelde- 
stelle ££ Gebrauchsmuster. Berlin seit 1891. 
3) Dazu die Ausführungsverordn. vom 30. Juni 1894 (RGBl. S. 495) u. die Be- 
kanntm. des Reichskanzlers v. 22. Sept. 1894 (RGBl. S. 521).
	        
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