Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

290 Siebenter Abschnitt: Die einzelnen Zweige der Verwaltung. $ 32 
  
Reiches, welche bereits oben S. 258 und 8. 281 erwähnt worden sind; sie be- 
treffen die Funktionen des Schiffsvermessungsamtes und des Oberseeamtes, 
denen man allenfalls noch die Beaufsichtigung des Auswanderungswesens 
hinzufügen kann }). 
1. Die Einheitlichkeit der Handelsmarine bezieht sich vielmehr 
auf den internationalen Sceverkehr, auf den völkerrechtlichen Schutz der 
Schiffahrt, auf die Rechte, die dem Reich anderen Staaten gegenüber zur 
Förderung des Erwerbs durch die Seeschiffahrt zustehen. Die Einheitlichkeit 
der Handelsmarine ist Ausdruck und Wirkung der völkerrechtlichen Ein- 
heit, zu welcher die deutschen Staaten verbunden sind. Der völkerrecht- 
lichen Persönlichkeit des Reichs entspricht die einheitliche Nationalität der 
deutschen Handelsschiffe, sowie es dem juristischen Charakter des ehema- 
ligen Deutschen Bundes entsprach, dass jeder Bundesstaat, soweit er über- 
haupt tatsächlich in Frage kam, im internationalen Verkehr seine besondere 
Handelsmarine hatte. Die Einheitlichkeit der Handelsmarine besteht daher 
ausschliesslich inder Reichsangehörigkeit der einzelnen Schiffe, 
aus denen die Marine sich zusammensetzt. Die Reichsangehörigkeit ist das 
alleinige gemeinsame Merkmal, auf welchem die Einheitlichkeit beruht; 
sie kann mit dem sogen. Reichsbürgerrecht und mit dem gemeinsamen In- 
digenat des Art. 3 der RV. verglichen werden. 
Nach Art. 4 Ziff. 7 der RV. beschränkt sich daher die Zuständigkeit des 
Reichs auf die ‚Organisation eines gemeinsamen Schutzes der 
deutschen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See“. 
Die Nationalität der Schiffe findet nach altem Herkommen Ausdruck 
inder Flagge. Die Anerkennung der Flagge seitens der schiffahrttreiben- 
den Nationen ist gleichbedeutend mit der völkerrechtlichen Anerkennung des 
Staates, dessen Symbol die Flagge ist. Die Einheitlichkeit der Handelsma- 
rine muss daher in einer einheitlichen Nationalflagge zur Erscheinung kommen; 
ja man kann für eine sinnliche Anschauungsweise geradezu sagen: die Ein- 
heitlichkeit der Handelsmarine besteht in der gemeinsamen Flagge. Das 
Hauptmerkmal der Flaggen ist eine bestimmte Farbenzusammenstellung. 
Daher bestimmt Art. 55 der RV.: „Die Flagge der Kriegs- und 
Handelsmarine ist schwarz-weiss-rot‘?). Diese Anord- 
nung ist die nähere Bestimmung des Grundsatzes, welchen Art. 54 Abs. 1 
1) Verordn. des Bundesrates über Auswanderungsschiffe v. 18. Febr. 1903 (RGBi. 
S. 37) und v. 26. Febr. 1904 (RGBl. S. 136). 
3) Die Forın etc. der deutschen Nationalflagge ist festgestellt worden durch die 
Verordn. v. 15. Oktob. 1867 (BGBl. S. 39) und v. 8. Nov. 1802 (RGBl. S. 1050). Ueber 
die Erlaubnis, das Eiserne Kreuz auf der Handelsflagge zu führen, siehe dieV. v. 1. Juli 
1896 (RGBi. S. 181) und v. 7. Febr. 1903 (RGBl. S. 199). Das Recht des Kaisers, die 
Form der Reichsflagge und die Art ihrer Führung zu bestimmen, ist anerkannt im G e- 
setz über das Fiaggenrecht der Kauffahrteischiffe v. 22. Juni 1899 (RGBl. 
S.319) $1 Abs. 2. Die Geltung dieses Gesetzes ist ausgedehnt worden auf gewisse See- 
schiffe, welehe nicht Kauffahrteischiffe sind, wenn sie von den Recht, die Reichsflagge 
zu führen, Gebrauch machen. RG. v. 29. Mai 1901 (RGBl. S. 184). Auch ermächtigt 
dieses Gesetz den Kaiser, mit Zustimmung des Bundesrats anzuordnen, dass die Vor- 
schriften des Gesetzes Anwendung finden auf Binnenschiffe, die ausschliesslich auf 
ausländischen Gewässern verkehren. V. v. 1. März 1900 (RGBl. 8. 41). Vgl. darüber 
P’,appenheim, Seerecht S. II ff.
	        
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