Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

$ 33 Die Medizinal- und Veterinärpolizei. 997 
  
  
wie die Entschädigung im einzelnen Falle zu ermitteln und festzustellen ist, 
sind von den Einzelstaaten zu treffen ($ 67). Die allgemeinen Grundsätze 
über die Höhe der zu leistenden Entschädigung sind im $ 68 gegeben. Die 
Uebertretung der in diesem Gesetz gegebenen Vorschriften oder der auf 
Grund derselben getroffenen polizeilichen Anordnungen wird mit Gefängnis 
bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe von 15—3000 Mk. bestraft!). Die 
Behörden der Bundesstaaten sind verpflichtet, sich bei Ausübung der Mass- 
regeln gegenseitig zu unterstützen ($ 5). Zur Ergänzung des Viehssuchen- 
gesetzes ist das RG. vom 17. Juni 1911 (RGBl. S. 248) über die Beseiti- 
gung von Tierkadavern ergangen ?). 
Die Verwaltung des Reichs ist auf die Beaufsichtigung der 
Einzelstaaten gemäss Art. 17 der RV. beschränkt. Die Ueberwachung der 
Ausführung liegt dem Reichskanzler ob; er hat insbesondere, wenn die Seuche 
im Auslande in einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfang 
auftritt, die beteiligten Bundesstaaten zur Durchführung der erforderlichen 
Abwehrmassregeln zu veranlassen ($ 4 Abs. 1 u. 2). Nur für den Fall, dass 
die Seuche in einer solchen Gegend des Reichsgebiets oder in solcher Aus- 
dehnung auftritt, dass von den zu ergreifenden Massregeln notwendig die 
Gebiete mehrerer Bundesstaaten betroffen werden müssen, ist die 
Zuständigkeit des Reiches über die regelmässigen Grenzen erweitert. In 
einem solchen Falle hat der Reichskanzler oder ein von ihm bestellter Reichs- 
kommissar für Herstellung und Erhaltung der Einheit in der seitens der Lan- 
desbehörden zu treffenden oder getroffenen Massregeln zu sorgen und das 
Erforderliche anzuordnen, auch nötigenfalls die Landesbehörden unmit- 
telbar mit Anweisung zu versehen ($ 4 Abs. 3). 
2. Eingreifende Bestimmungen enthält bereits das Gesetz des Nordd. 
Bundes vom 7. April 1869 (BGBl. S. 105) in betreff der Massregeln 
gegen die Rinderpest?). Das Gesetz verpflichtet und ermächtigt 
die Verwaltungsbehörden der Bundesstaaten, wenn die Rinderpest in ihrem 
Gebiete oder in einem an das Bundesgebiet angrenzenden oder mit denisel- 
ben in direktem Verkehr stehenden Lande ausbricht, alle Massregeln zu 
ergreifen, welche geeignet sind, die Einschleppung und Weiterverbreitung 
der Seuche zu verhüten und die Seuche zu unterdrücken, und gibt im $ 2 
eine Aufzählung solcher Massregeln. Das Gesetz begründet eine Änzeige- 
pflicht ($ 4) und eine Pflicht der Einwohner von der Rinderpest betroffener 
Orte zur Unterstützung der Behörden bei Ausführung der polizeilichen Mass- 
regeln ($ 5), sowie die Verpflichtung der Bundesregierungen zur Meldung und 
Berichterstattung an die Reichsregierung ($ 9. 11) und zur gegenseitigen 
Hilfsleistung ($ 13). Zur Durchführung der Absperrungsmassregeln ist mili- 
tärische Hilfe zu requirieren; die Kommandobehörden haben den Requi- 
sitionen der kompetenten Verwaltungsbehörden im erforderlichen Umfange 
zu entsprechen. ($ 14 Abs. 1.) 
1) Die näheren Vorschriften sind in den $$ 74—77 des Ges. enthalten. 
2) Dazu Ausführungsbestimmungen des Bundesrats v. 28. März 1912 (RGBI. S. 230). 
3) Das Gesetz ist zum Reichsgesetz erklärt worden und inı ganzen Reichsgebiet 
in Kraft getreten.
	        
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