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Die Arbeiterversorgung. II Allgemeine Gesichtspunkte. 303
Anspruch auf Fürsorge für dieselben Unglücksfälle und in dem gleichen
Masse wie die Versicherungspflichtigen erwerben. Der Staat greift auch hier
ein; es besteht auch hier ein öffentliches Interesse, dass diese Personenklassen
der Wohltat der Arbeiterversorgung teilhaftig werden; aber dieses Interesse
ist kein so dringendes wie hinsichtlich der Versicherungspflichtigen. Der
Staat übt daher keinen Zwang aus, dass sie wirklich versichert
werden, sondern er erleichtert ihnen nur die Möglichkeit, sich selbst
zu versorgen, indem er die Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Ver-
sicherungsanstalten verpflichtet, sich den Beitritt dieser Personen gefallen
zu lassen. Versorgungsansprüche und Beitragspflichten entstehen daher auch
für diese ‚„‚versicherungsfähigen“ Personen nich tt durch einen Vertrag, sondern
durch eine einseitige Willenserklärung.
5. Der Kreis der versicherungspflichtigen und ebenso der Kreis der ver-
sicherungsberechtigten Personen ist in den verschiedenen, in Betracht kom-
menden Gesetzen nicht gleichmässig bestimmt. Allgemein und durchweg
ausgeschlossen, sowohl von der Versicherungspflicht als von der Versicherungs-
berechtigung sind Personen des Soldatenstandes und Beamte, welche vom
Reich, einem Bundesstaat oder einem Kommunalverband angestellt sind und
im Falle der Erkrankung, Dienstbeschädigung, Invalidität und hohen Alters
Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts oder auf eine Pension oder Unter-
stützung haben, für welche also bereits anderweitig Fürsorge getroffen ist !).
Von dieser Ausnahme abgesehen, erstreckt sich die Versorgung im wesent-
lichen auf diejenigen, welche gegen Gehalt oder Lohn arbei-
ten, durch Arbeitsunfähigkeit daher in der Regel erwerbsunfähig werden ;
jedoch hat die RVO. sowohl die Versicherungspflicht als auch die Versiche-
rungsberechtigung ziemlich weit auch auf andere Personenklassen, welche
sich in ähnlicher wirtschaftlicher Lage befinden, erstreckt.
6. Träger der Versicherung sind gesetzlich vorgeschriebene Organi-
sationen, denen die Erfüllung der Versicherungsansprüche obliegt und denen
demgemäss die dazu erforderlichen Beiträge zufliessen. Sie sind die finanziel-
len Subjekte der beiderseitigen Leistungspflichten und haben die Eigen-
schaft juristischer Personen d. h. selbständiger Subjekte von Vermögens-
rechten und Pflichten. Für die Krankenversicherung sind es die Kranken-
kassen, für die Unfallversicherung die Berufsgenossenschaften, für die Inval.-
und Hinterbl.-Versicherung die Versicherungsanstalten. Jeder dieser Träger
hat einen Vorstand, der ihn gerichtlich und aussergerichtlich vertritt
($ 5ff.); Krankenkassen und Vers.-Anstalten auch einen Ausschuss.
Ueber die Bestellung und Wahl der Mitglieder des Vorstandes und des Aus-
schusses bei Krankenkassen siehe $ 327 ff., bei den Versicherungsanstalten
$ 1351 ff.; daselbst sind auch ihre Funktionen näher geregelt. Die Gewählten
verwalten ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt ($ 21); Unternehmer oder
andere Arbeitgeber dürfen die Wahl nur aus den im $ 17 angeführten Grün-
den &blehnen und verfallen sonst in eine Geldstrafe. Die Wahlzeit dauert
vier Jahre ($ 16 Abs. 1). Die Vertreter der Arbeitgeber und der Versicherten
1) RVO. $ 169 ff., 554, 1234 fe.