Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

310 Siebenter Abschnitt: Die einzelnen Zweige der Verwaltung. g 34 
  
  
  
z. B. dem Haftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871. Wird strafgerichtlich festge- 
stellt, dass Unternehmer vorsätzlich oder fahrlässig den Unfall herbeigeführt 
haben, so haften sie für alles, was Gemeinden, Armenverbände, Kranken- 
kassen und Unterstützungskassen infolge des Unfalls nach Gesetz oder Satzung 
aufwenden müssen; der Genossenschaft haften sie für deren Aufwand auch 
ohne strafgerichtliche Feststellung. 
Die Reichsgesetzgebung hat die Unfallversicherung nicht einheitlich und 
gleichartig geregelt, sondern für die verschiedenen Arten der Betriebe in 
besonderen Gesetzen spezielle und von einander vielfach abweichende Vor- 
schriften aufgestellt und Organisationen geschaffen; die RVO. hat diese 
Verschiedenheiten nur teilweise ausgeglichen, sie dagegen beibehalten, soweit 
sie tatsächlichen Verhältnissen entsprechen und demgemäss zerfällt das, die 
Unfallversicherung betreffende dritte Buch der RVO. in drei Teile, welche 
die Gewerbe-Unfallversicherung, die landwirtschaftliche und die See-Unfall- 
versicherung getrennt behandeln. Der Uebersichtlichkeit wegen empfiehlt 
es sich, dieses Vorbild auch hier zu befolgen. 
A. Die Gewerbe-Unfallversicherung. 
1. Versicherungspflichtig sind alle ‚Betriebe‘, welche im 
$ 537 der RVO. aufgeführt sind. Der Bundesrat kann Betriebe ohne besondere 
Unfallgefahr nach Anhörung des RVA. für versicherungsfrei erklären ($ 543). 
Versichert gegen Unfälle bei Betrieben oder Tätigkeiten, welche der Versiche- 
rungspflicht unterliegen, sind Arbeiter!), Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge, sowie 
diejenigen Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker, deren Jahres- 
arbeitsverdienst nicht 5000 M. an Entgelt übersteigt. Durch die Satzung 
kann die Versicherungspflicht erstreckt werden auf Betriebsunternehmer, 
deren Jahresarbeitsverdienst nicht 3000 M. übersteigt oder die regelmässig 
keine oder höchstens zwei Versicherungspflichtige gegen Entgelt beschäftigen, 
sowie auf Hausgewerbetreibende und auf Betriebsbeamte, deren Jahres- 
arbeitsverdienst 5000 M. an Entgelt übersteigt. Versicherungsfrei 
sind die im $ 554 RVO. aufgeführten Personen; auch kann der Vorstand der 
Berufsgenossenschaft Betriebsunternehmer, die keiner besonderen Unfall- 
gefahr ausgesetzt sind, für versicherungsfrei erklären ($ 549). 
2. Berechtigt, sich selbst zu versichern sind die Betriebsunter- 
nehmer, deren Jahresarbeitsverdienst 3000 M. nicht übersteigt, oder welche 
nicht regelmässig mehr als zwei Lohnarbeiter beschäftigen. Durch Statut 
kann diese Berechtigung ausgedehnt werden auf Unternehmer mit höherem 
Arbeitsverdienst, auf nicht versicherungspflichtige Personen, welche im 
Betriebe beschäftigt sind oder die Betriebsstätte besuchen, sowie auf Organe 
und Beamte der Berufsgenossenschaft ($ 550, 552). 
3. Die Unfallfürsorge,im Gesetz ($ 555) unrichtig als ‚„Schadens- 
ersatz‘ bezeichnet, besteht im Falle der Verletzung in den Kosten des Heil- 
verfahrens vom Beginn der 14. Woche an und in einer dem Verletzten für die 
1) Dass die Arbeiter Gehalt oder Lohn erhalten ist nicht erforderlich; die Ver- 
sicherung erstreckt sich daher auch auf Familienangehörige des Betriebsunternehmers, 
welche inı Gewerbe desselben als Arbeiter, wenngleich ohne Lohn, tätig sind.
	        
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