3 4l Die Organisation und Gliederung der bewaffneten Macht. 369
Truppenteile unterstellt, wenn diese in dem Armeekorpsbezirk ihren Garni-
sonort erhalten
4. Die Kriegsformation des Heeres wird vom Kaiser bestimmt.
Gesetzliche Vorschriften darüber sind nicht erlassen; die vom Kaiser er-
gangenen Anordnungen sind in dem ‚„Mobilmachungsplan‘“ enthalten.
II. Die Landwehr. Die jüngeren Jahrgänge der ausgebildeten und
von den Fahnen bereits entlassenen Mannschaften werden im Falle der Kriegs-
bereitschaft oder Mobilmachung in die Kadres des stehenden Heeres eingestellt
und zur Erhöhung derselben bis zur Kriegsstärke verwendet; sie bilden die
sogen. Reserve. Dagegen die älteren Jahrgänge der ausgebildeten wehr-
pflichtigen Mannschaften werden, falls ihre Einberufung erfolgt, in der Regel
in besondere Truppenkörper eingestellt. Diese älteren Jahrgänge heissen die
Landwehr. Durch das RG. 11. Febr. 1888 ist dieselbe in zwei Aufge-
bote eingeteilt worden; die V erpflichtung zum Dienst in der Landwehr I. Auf-
gebots dauert 5 Jahre nach abgeleisteter Dienstpflicht im stehenden Heere !);
die Pflicht zum Dienst in der Landwehr II. Aufgebots dauert bis zum 31. März
desjenigen Kalenderjahres, in welchem das 39. Lebensjahr vollendet wird. Die
Organisation derselben ist nach RV. Art. 63 Abs. 4 vom Kaiser zu bestimmen;
in Bayern vom König von Bayern in Uebereinstimmung mit den für das Bun-
desheer erlassenen Anordnungen ?). Die Regel, dass die Landwehr in beson-
deren Truppenkörpern formiert wird, findet unbedingte Anwendung nur auf
die Infanterie; für die Kavallerie werden besondere Truppenkörper nur
nach Massgabe des Bedarfs, für die übrigen Waffen überhaupt nicht gebil-
det®). Dieregelmässige Organisation der Landwehr ist daher die der
Landwehrinfanterie. Die Grundlage für die Organisation der Landwehr ist
die Militär-Territorial-Einteilung des Bundesgebietes . Die Landwehr-
Truppenkörper müssen daher bestimmten Bezirken entsprechen, welche als
Landwehr-Bezirke bezeichnet werden. Die Einteilung in Landwehr-Batail-
lonsbezirke ist eine vollständige, &1le Landwehrpflichtigen umfassende, auch
diejenigen, welche bei der Garde, bei der Kavallerie und bei anderen speziellen
Waffen ausgebildet worden sind. DieKriegsorganisation der Land-
wehr ist vom Kaiser anzuordnen.
III. Der Landsturm ist zurzeit geregelt durch das RG. v. 11. Fe-
bruar 1888. Er kann in Fällen ausserordentlichen Bedarfs zurErgänzung
des Heeres und der Marine herangezogen werden; er ist in zwei Aufgebote
geteilt. Die Landsturmpflicht dauert bis zum vollendeten 45. Lebensjahre °).
1) Die Dienstpflicht in der Landwehr I. Aufgebots dauert nur 3 Jahre für Mann-
schaften der Fusstruppen und der fahrenden Feldartillerie und des Trains, welche frei-
willig, und für Mannschaften der Kavallerie und reitenden Artillerie, welche gemäss
ihrer gesetzlichen Dienstverpflichtung drei Jahre aktiv im stehenden Heere gedient
haben. Siehe unten $ 42.
2) Diese Anordnungen sind erlassen in der Heerordnung v. 28. September 1875,
jetzt v. 22. Nov. 1888, welcher die Bayer. Heerordnung v. 26. Dezember 1889 entspricht.
In Sachsen und Württemberg ist die Heerordnung von denKontingentsherren
in Kraft gesetzt worden.
3) Wehrgesetz v. 9. Nov. 1867 $ 5 Abs. 2 und 4.
4) Militärgesetz $ 5 Abs. 3. RG. v. 27. Januar 1890.
5) Wehrgesetz $ 2. Landsturmgesetz v. 11. Febr. 1888 $ 24.
I,aband, Reichestaaterecht. 6. Aufl. 4