Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

374 Neunter ‚Abschnitt: Die bewaffnete Macht des Reiches. $ 42 
  
  
Marineamts die deutsche Seewarte zu Hamburg, die Observatorien zu Wil- 
helmshafen und Kiel und die Inspektoren der Küstenbezirke der Ost- und 
Nordsee, sowie die Verwaltung von Kiautschou. 
5. Die Strafgerichtsbarkeit wird nach den Vorschriften der 
Militärstrafgerichtsordnung ausgeübt. Die den Kontingentsherren zugewie- 
senen Funktionen werden vom Kaiser ausgeübt, die Geschäfte der Justiz- 
verwaltung werden vom Reichskanzler (Marineamt) geführt. 
6. Die Bildungsanstalten stehen unter einem Inspekteur, wel- 
cher dem Kaiser unmittelbar unterstellt ist; nur die Kassen- und Oekonomie- 
verwaltung gehört zum Ressort des Marineants. Die Anstalten sind die M a- 
rineakademie,dieMarineschuleunddieMarine-Ingenieur- 
schule; für den niederen Unterricht bestehen Divisionsschulen und für die 
Ausbildung in den einzelnen Dienstzweigen mehrere Spezialschulen. 
$ 42. Der Militärdienst. 
Die Verpflichtung zum Militärdienst ist teils eine gesetzliche (Wehr- 
pflicht), teils eine freiwillig übernommene. 
I. Die Wehrpflicht ist die staatsbürgerliche Verpflichtung zur 
Dienstleistung in der bewaffneten Macht (Heer, Marine, Landsturm). Sie un- 
fasst nicht alle für Zwecke der Landesverteidigung bestimmten Dienste und 
Leistungen, sondern lediglich den Dienst in der organisierten bewaff- 
neten Macht; andererseits ist sie nicht beschränkt auf den Waffendienst, 
sondern es können auch andere Dienstleistungen von dem Wehrpflichtigen 
gefordert werden). 
1. Die Wehrpflicht ist beschränkt auf die Zeit vom vollendeten 17. bis 
zum vollendeten 45. Lebensjahre ?). Innerhalb dieses Lebensabschnittes ge- 
hört der wehrfähige Deutsche in der Regel vom vollendeten zwanzigsten ?) 
bis zum beginnenden achtundzwanzigsten Lebensjahre dem stehenden Heere 
an, und zwar sind die Mannschaften der Kavallerie und reitenden Feldar- 
tillerie die ersten drei, die übrigen Mannschaften die ersten zwei Jahre zum 
ununterbrochenen Dienste bei den Fahnen verpflichtet *). Nach Beendigung 
der siebenjährigen Dienstzeit im stehenden Heere gehört der Wehrpflichtige 
die folgenden fünf Lebensjahre der Landwehr I. Aufgebots und sodann bis 
zum 31. März des Kalenderjahres, in welchem das 39. Lebensjahr vollendet 
wird, der Landwehr II. Aufgebots und schliesslich bis zum Ende der Wehr- 
1) z. B. Dienste in den Bureaus, Lazaretten und Handwerksstätten. 
2) RG. über die Wehrpflicht v. 11. Febr. 1888 $ 24. 
3) Es ist jungen Leuten, welche die nötige moralische und körperliche Qualifi- 
kation haben, gestattet, schon nach vollendetem 17. Lebensjahre freiwillig in den ak- 
tiven Militärdienst einzutreten. Wehrges. v. 9. Nov. 1867 $ 10. 
4) Nach der ursprünglichen Anordnung der RV. Art. 59 Abs. 1 betrug der Dienst 
bei den Fahnen für alle Waffengattungen drei Jahre, in der Reserve 4 Jahre. Durch 
das RG. v. 3. Aug. 1893 Art. II wurde für die Zeit bis zum 3i. März 1899 die zweijährige 
Dienstzeit provisorisch eingeführt, ausgenommen für die Mannschaften der Kavallerie 
und reitenden Feldartillerie. Diese Bestimmungen wurden durch das Ges. v. 25. Mäız 
1899 erstreckt bis zum 31. März 1904. Endlich wurde durch das RG. vom 15. April 1005 
Art. I (RGBl. S. 249), Art. 59 Abs. 1 abgeändert und die zweijährige Dienstzeit für alle 
Truppen, mit Ausnahme der Kavallerie und Feldartillerie, verfassungsmässig und 
dauernd festgesetzt und allen Wehrpflichtigen, welche den aktiven Dienst drei Jahre 
hindurch geleistet haben, dafür eine Verkürzung der Dienstzeit in der Landwehr I. Auf- 
gebots um zwei Jahre gewährt. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.