Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

$ 43 Die Militärlast en. 387 
da durch die Mobilmachung für die entsprechenden Bsdürfnisse gesorgt wird. 
Auch bringen die Verhältnisse des Krieges es mit sich, dass andere Vor- 
schriften über Erhebung und Verteilung der Militärlasten und über die Ver- 
gütung für Leistung derselben gelten müssen wie im Frieden. Hieraus ergibt 
sich die durchgreifende Einteilung inFriedensleistungenundinKriegs- 
leistungen; als eine dritte eigenartige Kategorie tritt noch hinzu die Be- 
schränkung des Grundeigentums in der Umgebung der Fe- 
stungen. Diese Einteilung ist auch von der Gesetzgebung des Deutschen Rei- 
ches bei der Regelung dieser Materie zugrunde gelegt worden. 
1. Die Friedensleistungen sind geregelt durch das Ges. v. 
25. Juni 1868 über die Quartierleistung und durch das Ges. vom 13. Febr. 
1875 über die sogen. Naturalleistungen. Beide Gesetze sind ergänzt und ab- 
geändert worden durch die RGesetze vom 21. Juni 1887 (RGBl. S. 245 ff.) 
und vom 24. Mai 1898 (RGBlI. S. 357). Auf Grund der in dem zuletzt erwähn- 
ten Gesetz enthaltenen Ermächtigung ist das Gesetz über die Naturallei- 
stungen neu redigiert und im RGBl. 1898 S. 361 bekannt gemacht worden. 
Eine Abänderung hat es erhalten durch das RG. vom 9. Juni 1906 (RGBl. 
S. 735). Die Pflicht zur Quartierleistung ist eine Reallast, welcher alle für 
Einquartierung, Stallung oder als Geschäfts-, Wacht- und Arrestlokale geeig- 
nete Baulichkeiten unterworfen sind, soweit dadurch der Inhaber in der Be- 
nutzung der für seine Wohnungs-, Wirtschafts- und Gewerbebetriebsbedürf- 
nisse unentbehrlichen Räumlichkeiten nicht behindert wird. Als 
Akzessorium der Quartierleistung kann die Verabreichung von Naturalver- 
pflegung an die Truppen gefordert werden. Die übrigen Friedensleistungen 
bestehen in der Lieferung von Fourage, Vorspann und Schiffsfahrzeugen, in 
den Transportleistungen der Eisenbahnen zu einem ermässigten Tarife nach 
näherer Vorschrift der Militärtransportordnung und in der Verpflichtung der 
Grundbesitzer, die Benutzung der Grundstücke zu Uebungen der Truppen 
zu dulden !). Durch das RG. v. 10. Mai 1892 (RGBl. S. 661) ist den Gemeinden 
überdies die Verpflichtung auferlegt worden, die Familien der zu Friedens- 
übungen einberufenen Mannschaften zu unterstützen; die gezahlten Unter- 
stützungen werden aus Reichsmitteln erstattet. 
2. Die Kriegsleistungen) sind durch das Ges. v. 13. Juni 1873 
(RGBl. S. 129) geregelt worden; sie können nur verlangt werden von dem 
Tage ab, an welchem die bewaffnete Macht ganz oder zum Teil mobil ge- 
macht wird, bis zu dem Zeitpunkt, mit welchem der Friedenszustand wieder ein- 
tritt. Die Erfüllung liegt ob teils den Gemeinden, nämlich die Quartier- 
leistung, Naturalverpflegung, Fouragelieferung, Vorspann, Stellung von Ar- 
beitskräften und Materialien, und Ueberlassung von Grundstücken, teils be- 
sonders gebildeten Lieferungsverbänden, nämlich Lieferung von 
lebendem Vieh, Brotmaterial, Hafer, Heu und Stroh zur Füllung der Kriegs- 
magazine (sogen. Landlieferungen), teils den Eisenbahnverwal- 
1) Ueber die Voraussetzungen, die Art der Geltendmachung und die Entschädi- 
gungen für die einzelnen Arten von Friedensleistungen siehe die näheren Angaben im 
Staatsr. d. D. R. Bd. IV S. 263 ff. 
2) Vgl. die ausführliche Darstellung im Staatsr. d. D. R. Bd. IV S. 2886 ff. 
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