393 Zehnter Abschnitt: Das Finanzrecht. $ 44
———n
RG. v. 15. April 1911 (RGBl. S. 187) geregelt !). Das Reich ist befreit von
allen Staatsstewuern mit Ausnahme der Abgaben von Malz und Bier;
es ist ferner befreit von der Zahlung aller Gerichtsgebühren. Da-
gegen ist das Reich verpflichtet, die in einem Bundesstaat, einer Gemeinde
oder einem weiteren Kommunalverbande für die Benutzung öffentlicher Ver-
anstaltungen und für einzelne Handlungen der Amtsorgane festgesetzten
Gebühren (Benutzungs- und Verwaltungsgebühren) zu
zahlen, sofern ihm nicht ein besonderer Rechtstitel auf Gebührenfreiheit zu-
steht. Dies gilt auch für Straßenbaubeiträge und andere Beiträge von Grund-
eigentümern für Veranstaltungen, aus denen ihnen besondere wirtschaftliche
Vorteile erwachsen. Der Kommunalbesteuerung ist das Reich
in demselben Umfang wie der einheimische Staat unterworfen hinsichtlich
der Grundsteuer, der indirekten Steuern von Erwerb oder der Veräußerung
von Grundstücken und Realrechten, sowie der Abgaben von Malz und Bier.
Die Gemeinden sind ferner berechtigt, vom ReichZuschüsse zu verlangen
zu denjenigen Ausgaben, welche ihnen in Folge eines aus Reichsmitteln un-
terhaltenen fabrikmäßigen oder fabrikähnlichen Reichsbetriebes erwachsen ?).
Besondere Vorschriften bestehen für die Zuschüsse, welche von den Betriebs-
und Werkstätten der Reichseisenbahn-Verwaltung in Elsass-Lothringen zu
zahlen sind ?). Auf die Abgabe- und Zuschussverpflichtungen des Reichs
finden die in den einzelnen Staaten für Gemeindeabgaben geltenden Vor-
schriften Anwendung ®).
II. Das aktive Reichsvermögen. Dasselbe zerfällt in zwei Arten, in
Finanzvermögen (werbendes, wirtschaftliches Vermögen), welches nicht not-
wendig durch den Staatszweck selbst geboten, sondern aus zufälligen, histo-
rischen Gründen vom Fiskus erworben ist und deshalb einer freien, lediglich
durch politische und finanzwissenschaftliche Rücksichten geleiteten Verwal-
tung unterliegt; und in Verwaltungsvermögen, welches den für die Erfüllung
der staatlichen Zwecke und Aufgaben erforderlichen Apparat, das Inventar
der Staatsverwaltungen, bildet und dessen Verwaltung daher durch verwal-
tungsrechtliche Normen geregelt ist 5).
1. Das Finanzvermögen des Reiches besteht zurzeit aus folgen-
den Bestandteilen:
a) Die Reichs-Eisenbahnen in Elsass-Lothringen.
Sie sind durch den Zusatz-Artikel I zum Frankfurter Frieden vom 10. Mai
den Fiskus, insoweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden. EinfGes. zur ZivilprozO.
$ 15 Ziff. 4.
1) Vgl. darüber Ruck im Jahrb. des öffentl. R. 1912 8. 180 ff. Ausf. Best. des
Bundesrats v. 23. Mai 1911 (Zentralbl. 8. 231).
2) Ges. $6. Daselbst ist die ziemlich verwickelte Berechnung dieser Beiträge be-
stimmt.
3) Ges. $ 7. Der Zuschuss beträgt 5 Prozent des rechnungsmässigen Ueberschusses
aus den Erträgnissen der Reichseisenbahnen, mindestens aber 200 000 Mk. jährlich. Der
Beitrag wird an die Landeskasse von Els.-Lothr. gezahlt ; die Verteilung der überwiesenen
Summe an die Gemeinden wird durch die Gesetzgebung Els.-Lothringens bestimmt.
4) Ges. $ 10. Diejenigen Gemeinden, an welche das Reich im Rechnungsjahr 1910
Steuern von Einkommen aus Grundbesitz gezahlt hat, sind berechtigt, diese. Steuern
in gleicher Höhe bis zum 1. April 1921 weiter zu erheben. Ges. $ 11.
5) Die Richtigkeit und staatsrechtliche Bedeutung dieser Unterscheidung ist all-
gemein anerkannt; eine Ausnahme macht nur Arndt, Staatsr. 8, 436.