394 Zehnter Abschnitt: Das Finanzrecht. g 44
e) Zu dem aktiven Finanzvermögen des Reichs gehören Darlehens-For-
derungen desselben an Schutzgebiete, und zwar an Togo !) und Südwestafrika ?)
sowie an die Ostafrikanische Eisenbahngesellschaft ?). Die Beträge sind jähr-
lich mit 314, Prozent zu verzinsen und nach einem vom Reichskanzler aufzu-
stellenden Tilgungsplan mit °/, Prozent zu tilgen ‘). Da das Reich die den
Schutzgebieten dargeliehenen Beträge sich aber durch Ausgabe von Anleihen
verschaffen muß, so stehen diesem Finanzvermögen des Reichs Finanzschul-
dien von entsprechender Höhe gegenüber und sie bilden in der Vermögens-
bilanz des Reichs nur einen sogenannten durchgehenden Posten.
2. Das Verwaltungsvermögen?). Durch das RG. vom 25.
Mai 1873 ist der Grundsatz anerkannt worden, dass dem Reich an den von
den Einzelstaaten übernommenen Verwaltungsapparaten das Eigentum
zusteht, den Einzelstaaten jedoch an den entbehrlich werdenden Gegenstän-
den dass Rückfallsrecht vorbehalten bleibt. Tatsächlich kommen
nur vier Verwaltungen in Betracht, die Marine, die auswärtigen Angelegen-
heiten, die Post und Telegraphie und das Heerwesen; das Gesetz spricht aber
einen allgemeinen Rechtsgrundsatz aus, der auch Platz greifen würde, wenn
andere Verwaltungen auf den Reichsetat übernommen werden sollten. Der
Eigentumsübergang betrifft alle dem dienstlichen Gebrauch der erwähnten
Verwaltungen gewidmeten Gegenstände, ohne Unterschied, ob sie beweglich
oder unbeweglich sind; ausgenommen sind jedoch einige Kategorien von
Grundstücken, bei denen es zweifelhaft erscheint, ob sie als Verwaltungsin-
ventar zu erachten sind ($ 2 des Ges.). Wenn ein Grundstück für die Ver-
waltung des Reiches entbehrlich oder unbrauchbar wird, ohne dass ein Ersatz
für dasselbe notwendig ist, so ist dasselbe in dem Zustande, in welchein es sich
befindet, unentgeltlich und ohne Ersatzleistung für etwaige Verbesserungen
oder Verschlechterungen demjenigen Bundesstaate zurückzugeben, aus dessen
Besitz es in die Verwaltung des Reichs übergegangen war. Dieses Heimfalls-
recht tritt aber nicht schon dann ein, wenn das: Grundstück für denjenigen
Dienstzweig, demes bisher gewidmet war, entbehrlich oder unbrauchbar
wird, sondern nur in dem Falle, dass es für die Reichsverwaltung überhaupt
keine Verwendung mehr finden kann, Nur hinsichtlich der zu Zwecken der
Militärverwaltung gewidmeten Grundstücke ist diese Regel modifiziert; sie
fallen an den Landesfiskus zurück, wenn sie für die Militärverwaltung ent-
behrlich oder unbrauchbar werden und weder ein Ersatz für sie zu beschaffen
noch ihre Verwendung für Zwecke der Marine erforderlich ist. Von prak-
1) Im Höchstbetrage von 7 800 000 Mk. zunı Bau einer Eisenbahn von Tome nach
Palime. RG. v. 23. Juli 1904 (RGBi. S. 329).
2) Zunı Bau einer Eisenbahn von Lüderitzbucht nach Keetmanshop nebst einer
Abzweigung von Seeheim nach Kalkfontein. RG. v. 16. März 1907 (RGBl. S. 73) u.
v. 18. Mai 1908 (RGBl. S. 206).
3) RG. v. 12. Dezemb. 1911 (RGBi. 8. 973).
4) Ueber die näheren Bestimmungen sowie über die praktische finanzielle Bedeu-
tung vgl. meine Erörterungen im Jahrb. des öffentl. R. 1908 S. 3 fg. 1909 S. 418 fg.
Von Togo, welches keinen Reichszuschuss bedarf, werden Tilgungsraten an die Reichs-
kasse gezahlt.
5) RG. über die Rechtsverhältnisse der zum dienstl. Gebrauch einer Reichsverwal-
tung bestimmten Gegenstände. Vom 25. Mai 1873 (RGBil. S. 113).