Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

406 Zehnter Abschnitt: Das Finanzrecht. $ 45 
- —_ m 
  
mäss $ 10 dieses Gesetzes können Waren, welche aus Staaten kommen, die 
deutsche Schiffe oder Waren deutscher Herkunft ungünstiger behandeln als 
diejenigen anderer Staaten neben dem tarifmässigen Zollsatze mit einem Zoll- 
zuschlage bis zum doppelten Betrage dieses Satzes oder bis zur Höhe des vol- 
len Wertes unterworfen werden. Tarifmässig zollfreie Waren können unter 
der gleichen Voraussetzung mit einem Zoll in Höhe bis zur Hälfte des Wertes 
belegt werden !). (Sogen. Retorsionszoll.) Die Erhebung eines sol- 
chen Zuschlages wird nach erfolgter Zustimmung des Bundesrates durch kai- 
serliche Verordnung angeordnet, welche dem Reichstag sofort, oder wenn der- 
selbe nicht versammelt ist, bei seinem nächsten Zusammentritte mitzuteilen 
ist und welche ausser Kraft zu setzen ist, wenn der Reichstag die Zustimmung 
nicht erteilt ($ 10 Abs. 3). 
Die Zollverträge. Sie enthalten entweder einen Tarif, welcher für 
gewisse Waren niedrigere Zollsätze als die im Tarifgesetz normierten fest- 
setzt oder die Erhöhung über einen bestimmten Maximalsatz hinaus aus- 
schliesst; solche Zollverträge derogieren dem gesetzlichen Zolltarif; oder sie 
sind sogen. Meistbegünstigungsverträge d. h. sie gewähren alle Zollbegünsti- 
gungen und Zollbefreiungen, welche irgend einem anderen Staat eingeräumt 
werden, dem Vertragsstaate ?). 
b) Die Erhebung der Salzsteuer beruht im ganzen Reichsgebiet 
auf der unter den Staaten des Zollvereins geschlossenen Uebereinkunft vom 
8. Mai 1867 und den auf Grund derselben erlassenen übereinstimmenden Par- 
tikular-Gesetzen ?). Von den letzteren gilt dasselbe, was oben vom Zollgesetz 
gesagt worden ist. Die Abgabe von dem im Inlande gewonnenen Salze be- 
trägt 6 Mark für den Zentner Nettogewicht; abgabenfrei ist das Salz, wel- 
ches zu einem der in $ 20 der Gesetze aufgeführten Zwecke verabfolgt wird. 
c) Die Zuckersteuer ist mehrfach abgeändert worden. Nachdem 
durch die Brüsseler Zuckerkonvention v. 5. März 1902 (RGBl. 1903 S. 7) die 
vertragschliessenden Staaten sich verpflichtet hatten, die direkten und in- 
direkten Exportprämien aufzuheben und keine solche Prämien einzuführen, 
wurde die Abgabe von Zucker neugeordnet durch das RG. v. 6. Januar 
1903 (RGBl. S. 1) *). Darnach beträgt die Zuckersteuer von 100 Kilogr. 
g-hoben woıden. Es ist in Kraft getreten am 1. März 1906. Veroidn. v. 27. Februar 
1905 (RGBl. S. 155). Zahlreiche Ausführungsbest. des Bundesrats im Zentralbl. 1906 
S. 241 ff., 413 ff. Zollerhöhungen und Zollzuschläge sind durch die Steuergesetze von 
1909 eingetreten für Tabak, Tabakerzeugnisse u. Zigaretten, Bier, Branntwein und 
Parfümerien u. dgl., Schaumwein, Zündwaren, Kaffee und Tee. Ueber die dadurch 
nötig gewordene Abänderung des „Wearenverzeichnis‘“ für die Zollerhebung siehe die 
Bekanntın. v. 24. Juli 1909 im Zentralbl. S. 407. 
1) Ein Beispiel ist die V. v. 17. April 1901 (RGBl. 8. 121). Retorsionszoll gegen 
Haiti (auf Grund des Ges. v. 18. Mai 1895). 
2) In eigenartiger Weise ist das Verhältnis des D. Reichs zu Frankreich 
durch Art. 11 des Frankf. Friedens geıegelt. Durch denselben ist bestimmt worden, 
dass die beiden Staaten in ihren gegenseitigen Handelsbeziehungen Teil nehmen sollen 
an allen Zollbegünstigungen, welche einer von ihnen einem der folgenden Staaten: 
England, Belgien, Niederlande, Schweiz, Oesterreich, Russland gewährt. Diese Ver- 
einbarung ist weder auf eine gewisse Zeitdauer beschränkt, noch einseitig kündbar. 
3) Gres. des Nordd. Bundes v. 12. Okt. 1867 (BGBl. S. 41, 49). Baden Ges. von 
25. Okt. 1867, Iessen Ges. v. 9. Nov. 1867, Bayern Ges. v. 16. Nov. 1867, Württernberg 
Ges. v. 25. Nov. 1867, Elsass-Lothringen Ges. v. 17. Juli 1871 Art. ]1. 
4) Die Art. 1—61 des Zuckersteuergesctzes v. 27. Mai 1896 (RGBl. S. 117) sind 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.