Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

345 Die Finanzwirtschaft des Reiches. III. Die Zölle und Verbrauchssteuern. 411 
  
  
den Absatz von Kalisalzen‘‘ !) hat für die Finanzen des Reichs eine geringe 
Bedeutung; sein Zweck ist ein wirtschaftlicher ; es soll die Produktion und der 
Absatz von Kalisalzen reguliert und die Verschleuderung derselben an das 
Ausland verhütet werden. Die komplizierten Bestimmungen des Gesetzes 
zur Erreichung dieses Zweckes bedürfen an dieser Stelle keiner Erörterung. 
Das Gesetz führt aber zwei verschiedene Abgaben ein; die eine wird erhoben 
von einem Kaliwerksbesitzer, welcher das ihm zugewiesene Kontingent über- 
schreitet, und steigt von 10 Mk. bis 18 Mk. für den Doppelzentner reines Kali 
($ 26); die andere hat jeder Kaliwerksbesitzer in Höhe von 0,60 Mk. für jeden 
Doppelzentner reines Kali seines Gesamtabsatzes zu entrichten und ihr Ertrag 
ist zur Deckung der dem Reiche aus der Ausführung dieses Gesetzes ent- 
stehenden Kosten und zur Hebung des Kaliabsatzes zu verwenden ($ 27). 
Beide Abgaben fliessen in die Reichskasse und die Einnahmen und Ausgaben 
sind in den Reichshaushaltsetat einzustellen. 
Sämtliche Zoll- und Steuergesetze des Nordd. Bundes und Reiches ent- 
halten zahlreiche und umfassende Delegationen fürden Bundes- 
r & t, durch welche demselben teils im allgemeinen der Erlass der Ausführungs- 
bestimmungen, teils für besondere Gegenstände die Abfassung von Regula- 
tiven übertragen wird. Auf Grund derselben hat der Bundesrat eine grosse 
Masse von Regulativen beschlossen, welche ihrem Inhalte nach zum Teil 
wahre Spezialgesetze (im materiellen Wortsinne) sind, da sie Rechtsvorschrif- 
ten enthalten. Zum Erlass von allgemeinen Verwaltungsver- 
ordnungen zur Ausführung der Zoll- und Steuergesetzgebung des Reiches 
ist der Bundesrat auf Grund des Art. 7 Ziff. 2 der RV. ermächtigt. Die Befug- 
nis der Landesregierungen, behufs Ausführung der Reichsgesetze und Bundes- 
ratsbeschlüsse Verwaltungsvorschriften zu erlassen, ist hierdurch nicht aus- 
geschlossen aber sehr eingeengt; denn sie müssen sich innerhalb des Rah- 
mens halten, der durch die Verwaltungsverordnungen des Bundesrates ge- 
zogen ist. 
3. „DieErhebungundVerwaltung.der Zölle und Verbrauchs- 
steuern bleibt jedem Bundesstaate, soweit derselbe sie bisher ausgeübt hat, 
innerhalb seines Gebietes überlassen“. RV. Art. 36 Abs. 1. Dem Reiche 
ist die Befugnis zugewiesen, die Verwaltung zu regeln und zu beaufsichtigen, 
die Einzelstaaten sind berechtigt, sie zu führen. Durch die Worte 
„soweit derselbe sie bisher ausgeübt hat‘‘, werden die unter den Bundesstaa- 
ten abgeschlossenen Zoll- und Steuerkonventionen innerhalb 
der von der Verfassung aufgestellten Rechtsschranken aufrecht erhalten und 
zugelassen, wie die Post-, Militär- und Gerichts-Konventionen. Teils ist un- 
ter mehreren Staaten eine gemeinschaftliche Zoll- und Steuer-Verwaltung er- 
richtet worden (Thüringischer Zoll- und Handelsverein), teils ist die Ver- 
waltung eines Gebietes einem anderen Staate übertragen worden, insbesondere 
sind einige Kleine Gebiete der preuss. Zollverwaltung angeschlossen worden. 
Die Organisation der Behörden und die Regelung der Dienstverhältnisse der 
mit der Erhebung der Zölle und der Steuern betrauten Beamten steht zwar den 
1) Ausführungsbestimmungen des Bundesrats v. 9. Juli 1910. RGBi. S. 925 ff. 
 
	        
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