$ 45 Die Finanzwirtschaft des Reiches. LV. Die Reichsstenipelabgaben. 415
Einnahmen und der Bevölkerungsbewegung. Schon während des Zollvereins
wurde diesem Bedürfnis durch das bei der Gründung desselben in Berlin errich-
tete ‚„Zentralbureau des Zollvereins‘‘ Rechnung getragen und seit dem Jahre
1872 ist zur Bearbeitung dieser Angelegenheiten das Kaiserliche Stati-
stische Amt eingesetzt worden. Um demselben das erforderliche Ma-
terial für eingehende und zuverlässige Zusammenstellungen über den Eingang,
Ausgang und Durchgang von Waren zu verschaffen und um eine sichere
Grundlage für die Massnahmen der Zoll- und Handelspolitik zu gewinnen,
ist durch das Reichsgesetz v. 20. Juli 1879 (RGBl. S 261) vom 1. Januar
1880 ab eine allgemeine Pflicht zur Anmeldung der die Zollgrenze überschrei-
tenden Waren bei den Zollämtern im Grenzbezirk und zur gleichzeitigen Ent-
richtung einer Abgabe eingeführt worden. Das Gesetz ist durch das RG. v.
7. Febr. 1906 (RGBlI. S. 104) hinsichtlich der Anmeldepflicht erheblich abge-
ändert und in neuer Fassung (daselbst S. 109) bekannt gemacht worden. Die
statistische Gebühr beträgt für die in demselben Anmeldeschein aufgeführten
Waren, wenn dieselben verpackt sind, für jede 500 Kilogr. 5 Pf., wenn die-
selben unverpackt sind, für je 1000 Kilogr. 5 Pf., für im $ 11 Ziff. 3 dieses
Gesetzes bezeichneten Massengüter 10 Pf. für je 10,000 Kilogr. und für die
im $ 11 Ziff. 4 aufgeführten Tiere für je 5 Stück 5 Pf. Für Bruchteile der
Mengeneinheiten kommt die volle Gebühr in Anrechnung. Die Entrichtung
der Abgabe erfolgt durch Verwendung von Reichs-Stempelmarken. Der Er-
trag fliesst in die Reichskasse; den Bundesstaaten wird jedoch für die ihnen
durch die Statistik des auswärtigen Warenverkehrs erwachsenden Kosten
eine vom Bundesrat festzustellende Vergütung gewährt. Ausserdem erhalten
die drei Postverwaltungen für den Verkauf der Stempelmarken eine Provi-
sion von 21, Prozent der Bruttoeinnahme. Zuwiderhandlungen werden mit
einer Ordnungsstrafe bis 1000 Mark geahndet.
IV. Die Reichsstempelabgaben.
1. Der Spielkartenstempel. Durch das Gesetz vom 3. Juli
1878 (RGBl. S. 133) wurden Spielkarten vom 1. Januar 1879 an untar Auf-
hebung aller Landesstempelabgaben einer zur Reichskasse fliessenden Stem-
pelabgabe unterworfen, welche 0,30 Mk. für jedes Kartenspiel von 36 oder we-
niger Blättern, 0,50 Mk. für jedes andere Spiel beträgt. Die Steuer wird zwar
durch Abstempelung der Karten entrichtet, ist aber sowohl ihrer wirtschaft-
lichen Natur als ihrer juristischen Gestalt nach eine Verbrauchsabgabe und
den im Art. 35 der RV. aufgeführten Besteuerungen völlig analog. Die Er-
hebung und Verwaltung der Abgabe erfolgt durch die Zoll- und Steuerbehör-
den nach den vom Bundesrat zu erlassenden näheren Vorschriften !). Die
Reichszollbevollmächtigten und Stationskontrolleure haben in bezug auf die
Ausführung dieses Gesetzes dieselben Rechte und Pflichten, welche sie bezüg-
lich der Erhebung und Verwaltung der Zölle und Verbrauchsabgaben auszu-
üben haben.
1) Die Ausführungsbestimmungen und das Regulativ für den Betrieb der Spiel-
kartenfabhriken vom 6. Juli 1878. Zentralbl. S. 403 ff. In dieser Verordnung sind auch
die, in Reichsges. $ 26 vorbehaltenen, Vorschriften für die Zellausschlüsse enthalten.