Anhang: I. Verfassung des Deutschen Reichs. 453
—
sie dazu im Wege der Exekution angehalten werden. Diese Exekution ist vom Bundesrate
zu beschliessen und vom Kaiser zu vollstrecken.
V. Reichstag.
Artikel 20.
Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung
hervor.
Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im $ 5 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869
(Bundesgesetzbl. 1869 S. 145) vorbehalten ist, werden in Bayern 48, in Württemberg 17,
in Baden 14, in Hessen südlich des Mains 6 Abgeordnete gewählt, und beträgt demnach die
Gesamtzahl der Abgeordneten 382.
[Die an und für sich widersinnige, aus dem Bündnisvertrage mit Baden-Hessen
stammende Fassung ist zu berichtigen und zu ergänzen durch $5 des Wahlgesetzes
für den Reichstag des Nordd. Bundesv. 31. Mai 1869. Nach Abs. 2
desselben „beträgt die Zahl der Abgeordneten 297 und kommen auf Preussen 235,
Sachsen 23, Hessen 3, Mecklenburg-Schwerin 6, Sachsen-Weimar 3, Mecklenburg-
Strelitz 1, Oldenburg 3, Braunschweig 3, Sachsen-Meiningen 2, Sachsen-Altenburg 1,
Sachsen-Koburg-Gotha 2, Anhalt 2, Schwarzburg-Rudolstadt 1, Schwarzburg-Sonders-
hausen 1, Waldeck 1, Reuss ä. L. 1, Reuss j. L. 1, Schaumburg-Liippe 1, Lippe 1, Lauen-
burg 1, Lübeck 1, Bremen 1, Hamburg 3“.
Auch ist die in der RV. angegebene Gesamtzahl nicht nıehr richtig: es sind 15 Ab-
geordnete aus Elsass-Lothringen auf Grund des RG. v. 25. Juni 1873 $3 (RGBl. S. 161)
hinzugetreten. Die Gesamtzahl beträgt daher 397. Eine Richtigstellung des Textes
der RV. ist nicht erfolgt.]
Artikel 21.
Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in den Reichstag.
Wenn ein Mitglied des Reichstages ein besoldetes Reichsamt oder in einem Bundesstaat
ein besoldetes Staatsamt annimmt oder im Reichs- oder Staatsdienste in ein Amt eintritt,
mit welchem ein höherer Rang oder ein höheres Gehalt verbunden ist, so verliert es Sitz und
Stimme in dem Reichstag und kann seine Stelle in demselben nur durch neue Wahl wieder
erlangen.
Artikel 22.
Die Verhandlungen des Reichstages sind öffentlich.
Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des
Reichstages bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.
Artikel 2.
Der Reichstag hat das Recht, innerhalb der Kompetenz des Reichs Gesetze vorzuschla-
gen und an ihn gerichtete Petitionen dem Bundesrate resp. Reichskanzler zu überweisen.
Artikel 24.
Die Legislaturperiode des Reichstages dauert fünf Jahre. Zur Auflösung des Reichstages
während derselben ist ein Beschluss des Bundesrates unter Zustimmung des Kaisers erfor-
derlich.
[Die Verlängerung der ursprünglich dreijährigen Legislaturperiode ist erfolgt durch
das RG. v. 19. März 1888 (RGBl. S. 11).]
Artikel 2.
Im Falle der Auflösung des Reichstages müssen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Ta
gen nach derselben die Wähler und innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen nach der Auf-
lösung der Reichstag versammelt werden.
Artikel 26.
Ohne Zustimmung des Reichstages darf die Vertagung desselben die Frist von 30 Ta-
gen nicht übersteigen und während derselben Session nicht wiederholt werden.