Anhang: I. Verfassung des Deutschen Reichs.
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Der Kaiser bestimmt den Präsenzstand, die Gliederung und Finteilung der Kontingente
des Reichsheeres, sowie die Organisation der Landwehr, und hat das Recht, innerhalb des
Bundesgebietes die Garnisonen zu bestimmen, sowie die kriegsbereite Aufstellung eines jeden
Teils des Reichsheeres anzuordnen.
Behufs Erhaltung der unentbehrlichen Einheit in der Administration, Verpflegung,
Bewaffnung und Ausrüstung aller Truppenteile des deutschen lleeres sind die bezüglichen
künftig ergehenden Anordnungen für die Preussische Armee den Kommmandeuren der übri-
gen Kontingente, durch den Art. 8 Nr. 1 bezeichneten Ausschuss für das Landheer und die
Festungen, zur Nachachtung in geeigneter Weise mitzuteilen.
Artikel 64.
Alle deutsche Truppen sind verpflichtet, den Befehlen des Kaisers unbedingte Folge zu
leisten. Diese Verpflichtung ist in den Fahneneid aufzunehmen.
Der Höchstkommandierende eines Kontingents, sowie alle Offiziere, welche Truppen
mehr als eines Kontingents befehligen, und alle Festungskommandanten werden von dem
Kaiser ernannt. Die von demselben ernannten Offiziere leisten Ihm den Fahneneid. Bei
(seneralen und den Generalstellungen versehenden Offizieren innerhalb des Kontingents ist
die Ernennung von der jedesmaligen Zustimmung des Kaisers abhängig zu machen.
Der Kaiser ist berechtigt, behufs Versetzung mit oder ohne Beförderung für die von Ihm
im Reichsdienste, sei es im Preussischen Heere, oder in anderen Kontingenten zu besetzenden
Stellen aus den Offizieren aller Kontingente des Reichsheeres zu wählen.
Artikel 6.
Das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebietes anzulegen, steht dem Kaiser zu,
welcher die Bewilligung der dazu erforderlichen Mittel, soweit das Ordinarium sie nicht ge-
währt, nach Abschnitt XII beantragt.
Artikel 66.
Wo nicht besondere Konventionen ein anderes bestimmen, ernennen die Bundesfürsten,
beziehentlich die Senate die Offiziere ihrer Kontingente, mit der Einschränkung des Ar-
tikels 64. Sie sind Chefs aller ihren Gebieten angehörenden Truppenteile und geniessen die
damit verbundenen Ehren. Sie haben namentlich das Recht der Inspizierung zu jeder Zeit
und erhalten, ausser den regelmässigen Rapporten und Meldungen über vorkommende Ver-
änderungen, behufs der nötigen landesherrlichen Publikation, rechtzeitige Mitteilung von den
die betreffenden Truppenteile berührenden Avancements und Ernennungen.
Auch steht ihnen das Recht zu, zu polizeilichen Zwecken nicht bloss ihre eigenen Truppen
zu verwenden, sondern auch alle anderen Truppenteile des Reichsheeres, welche in ihren Län-
dergebieten disloziert sind, zu requirieren.
Artikel 67.
Ersparnisse an dem Militär-Etat fallen unter keinen Umständen einer einzelnen Re-
gierung, sondern jederzeit der Reichskasse zu.
Artikel 68.
Der Kaiser kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht ist,
einen jeden Teil desselben in Kriegszustand erklären. Bis zum Erlass eines die Voraussetzun-
gen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden
Reichsgesetzes gelten dafür die Vorschriften des Preussischen (sesetzes vom 4. Juni 1851
(Giesetz-Samml. für 1851 S. 451 ff.).