Anhang: IV. Die Verfassung der Schutzgebiete. 479
9. die Verlängerung aller zur Gieltendmachung von Rechten und zur Erfüllung von
Pfliehten gesetzlich festgestellten Fristen angeordnet werden.
$ 7. Auf die Eheschliessung und die Beurkundung des Personenstandes in den Schutz-
cebieten finden die $$ 2 bis 9, 11, 12 und 14 des Gesetzes v. 14. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl.
Ss. 599, Reichs-Gesetzbl. 1896 S. 614) entsprechende Anwendung. Die Ermächtigung zur
Eheschliessung und zur Beurkundung des Personenstandes wird durch den Reichskanzler
erteilt.
Die Form einer Ehe, die in einem Schutzgebiete geschlossen wird, bestimmt sich aus-
schliesslich nach den Vorschriften des bezeichneten (iesetzes.
Die Eingeborenen unterliegen den Vorschriften der Abs. 1, 2 nur insoweit, als dies durch
Kaiserliche Verordnung bestimmt wird. Den Eingeborenen können durch Kaiserliche Ver-
ordnung bestimmte andere Teile der Bevölkerung gleichgestellt werden.
8 8. Die Befugnisse, welche den deutschen Konsuln im Auslande nach anderen als den
beiden in den $$ 2 und 7 bezeichneten (iesetzen zustehen, können durch den Reichskanzler
Beamten in den Schutzgebieten übertragen werden.
$ 9. Ausländern, welche in den Schutzgebieten sich niederlassen, sowie Eingeborenen
kann durch Naturalisation die Reichsangehörigkeit von dem Reichskanzler verliehen wer-
den. Der Reichskanzler ist ermächtigt, diese Befugnis einem anderen Kaiserlichen Beanıten
zu übertragen.
Auf die Naturalisation und das durch dieselbe begründete Verhältnis der Reichsange-
hörigkeit finden die Bestimmungen des Gesetzes über die Erwerbung und den Verlust der
Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 355, Reichs-Ge-
setzbl. 1896 S. 615) sowie Artikel 3 der Reichsverfassung und $ 4 des Wahlgesetzes für den
Deutschen Reichstag vom 31. Mai 1869 (Bundes-Gesetzbl. S. 145) entsprechende Anwendung.
Im Sinne des $ 21 des bezeichneten Gesetzes sowie bei Anwendung des Gesetzes wegen
Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 119) gelten die
Schutzgebiete als Inland.
$ 10. Durch Kaiserliche Verordnung können Eingeborene der Schutzgebiete in Beziehung
auf das Recht zur Führung der Reichsflagge (Gesetz, betreffend das Flaggenrecht der Kauf-
fahrteischiffe, vom 22. Juni 1899, Reichs-Gesetzbl. S. 319) den Reichsangehörigen gleich-
gestellt werden.
Die Führung der Reichsflagge infolge der Verleihung dieses Rechtes hat nicht die Wir-
kung, dass das betreffende Schiff als deutsches Seefahrzeug im Sinne des $ 1 Abs. 1 Nr. 1
und $ 3 Abs. 1 des See-Unfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl.
S. 716) gilt. (Vgl. Reichsversicherungsordnung $ 163.)
$ 11. Deutschen Kolonialgesellschaften, welche die Kolonisation der deutschen Schutz-
ebiete, insbesondere den Erwerb und die Verwertung von Grundbesitz, den Betrieb von
Land- oder Plantagenwirtschaft, den Betrieb von Bergbau, gewerblichen Unternehmungen
und Handelsgeschäften in denselben zum ausschliesslichen Gegenstand ihres Unternehmens
und ihren Sitz entweder im Reichsgebiet oder in einem Schutzgebiet oder in einem Konsular-
gerichtsbezirke haben oder denen durch Kaiserliche Schutzbriefe die Ausübung von Hoheits-
rechten in den deutschen Schutzgebieten übertragen ist, kann auf Grund eines vom Reichs-
kanzler genehmigten Gesellschaftsvertrags (Statuts) durch Beschluss des Bundesrats die
Fähigkeit beigelegt werden, unter ihrem Namen Rechte, insbesondere Eigentum und andere
dingliche Rechte an Grundstücken zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, vor Gericht