gg Die Reichsangehörigen. 51
keit ist geregelt durch das Reichsgesetz vom 1. Juli 1870).
Dieses Gesetz ist durch die familienrechtlichen Bestimmungen des BGB.
mittelbar und in einigen Punkten durch Art. 41 des Einführungsgesetzes zum
BGB. unmittelbar abgeändert worden. |
1. Erworben wird die Staatsangehörigkeit teils durch familienrechtliche
Verhältnisse, teils durch Rechtsgeschäft.
&) Durch Geburt; und zwar erwerben eheliche Kinder eines Deutschen
die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche Kinder einer Deutschen die
Staatsangehörigkeit der Mutter ($ 3).. Gleichgültig ist es, ob die Geburt im
Inlande oder Auslande erfolgt; ebenso ist es unerheblich, ob die Geburt
innerhalb Deutschlands im Gebiet des Heimatstaates des Vaters (resp. der
Mutter) oder in dem Gebiete eines anderen Bundesstaates stattgefunden hat;
und zwar macht auch die Begründung eines wirklichen Wohnsitzes der Eltern
ausserhalb des Heimatstaates keinen Unterschied hinsichtlich der Staatsange-
hörigkeit der Kinder ?). Hinsichtlich der Voraussetzungen einer gültigen Ehe
und der Form der Eheschliessung, sowie der Ehelichkeit der Abstammung
gelten jetzt die Regeln des BGB. $$. 1303 ff., 1316 ff., 1591 ff. 2).
b) Durch Legitimation eines unehelichen Kindes seitens eines
Deutschen erwirbt das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters ($ 4) und
verliert gleichzeitig seine bisherige Staatsangehörigkeit ($ 13 Ziff. 4). In
betreff der Legitimation kommen die Vorschriften des BGB. $ 1719 ff. zur
Anwendung, und zwar sowohl für die Legitimation durch nachfolgende Ehe
als für die Ehelichkeitserklärung. Die Adoption bewirkt den Erwerb der
Staatsangehörigkeit nicht.
c) Die Verheiratung mit einem Deutschen begründet für die Ehe-
frau die Staatsangehörigkeit des Mannes ($ 5). Diese Wirkung kann nicht
durch einen Vorbehalt der Frau oder beider Gatten ausgeschlossen werden.
d) Durch Verleihung. Dieselbe ist ein staatliches Rechtsgeschäft,
welches dadurch abgeschlossen wird, daß die höhere Verwaltungsbehörde auf
Grund eines an sie gerichteten Gesuches eine Urkunde ausfertigt und sie dem
aufzunehmenden Bürger aushändigt ($ 6ff.) t). Durch die Entgegennahme
der Urkunde akzeptiert der aufzunehmende Bürger die Verleihung. Ihre
1) Es ist in Kraft getreten am 1. Januar 1871;in Bayern ist es eingeführt worden
durch RG. v. 22. April 1871; in Elsass-Lothringen durch V. v. 8. Januar
1873 82. Bis zum Tage des Inkrafttretens des Gesetzes richtete sich die Staatsangehörig-
keit nach den partikulären Rechten der Bundesstaaten; jeder behielt diejenige Staats-
angehörigkeit, die er hatte, und vererbte sie nach den Regeln des Gesetzes. Ueber die
Reformbedürftigkeit dieses Gesetzes vgl. meine Ausführungen in der deutschen
Juristenzeitung 1904 S. 9 fg. u. 1912 S. 361 ff. Dem Reichstag ist 1912 ein Gesetzentw.
z. Abänderung des RG. vom 1. Januar vorgelegt und in der Kommission durchberaten
worden; er ist aber bisher nicht zur Erledigung gelangt. Drucksachen Nr. 6.
2) Ueber die im internationalen Recht geltenden Grundsätze vgl. Keidel, Ge-
burt und Aufenthalt als Anknüpfungspunkte für den Erwerb der Staatsangehörigkeit
(Archiv £. öffentl. Recht Bd. 16 S. 88 ff.) u. die scharfsinnigen Ausführungen von Zitel-
mann im Verwaltungsarchiv Bd. 20 S. 1ff. (1911).
3) Ueber die im Ausland geschlossenen Ehen von Reichsangehörigen siehe das Ges.
v. 4. Mai 1870 (BGBl. S. 599) und Art. 40 des Einf. Ges. z. BGB., sowie Art. 11 dieses
Gesetzes. Vergl. auch das Haager Abkommen über die Eheschliessung v. 1904.
Endemann, Bürgerl. R. IL 2 8. 88 ff.
4) Vgl. über das deutsche Naturalisationsverfahren Cahn 8. 64ff., Bazille
u.KöstlinS. 154 ff.
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