3830 8 40. Der Reichskanzler.
unter Gegenzeichnung des Reichskanzlers erteilt oder welche der Reichs-
kanzler kraft seiner Generalvollmacht ausstellt (Substitutionsvollmacht).
Ausgenommen sind aber diejenigen’Geschäfte, welche zu dem gesetz.
lichen oder herkömmlichen Geschäftskreise der dem Reichs-
kanzler unterstellten Reichsbehörden (Gesandtschaften, Konsulate, Ver-
waltungsbehörden, Finanzbehörden) gehören: für diese Geschäfte haben
die ressortmäßigen Behörden die Ermächtigung, sie in rechtswirksamer
Weise für das Reich abzuschließen, und es liegt in der Anstellung
eines Reichsbeamten zugleich die Ermächtigung desselben, das Reich
innerhalb seiner Amtsbefugnisse zu vertreten. So wie aber die Ver-
waltungsbehörden des Reiches dem Reichskanzler als ihrem Chef unter-
geordnet sind, so ist auch ihre Vollmacht zur Vertretung des Reiches
von der Generalvollmacht des Reichskanzlers abgezweigt und ihr gleich-
sam untergeordnet.
Dies alles gilt nicht nur von internationalen Verträgen und Ver-
trägen staatsrechtlichen Inhaltes, sondern auch von den vermögens-
rechtlichen Geschäften des Reichsfiskus.
2. Da der Kaiser die Tätigkeit der übrigen Organe des Reiches im
Gange zu erhalten und zu regulieren hat, so liegen dem Reichskanzler
die hierzu erforderlichen Geschäfte ob!) Er hat die erforderlichen
Veranstaltungen zu treffen, damit der Bundesrat und der Reichstag,
wenn sie einberufen sind, ihre Sitzungen halten können; er hat die
Verfügungen zu erlassen, welche zur Ausführung der Beschlüsse des
Bundesrates erforderlich sind), er prüft die Legitimation der Bevoll-
mächtigten?); er übermittelt die von dem Bundesrate beschlossenen
Vorlagen dem Reichstage *); ebenso werden die Beschlüsse des Reichs-
tages, Interpellationen, Erledigung von Reichstagsmandaten dem Reichs-
kanzler angezeigt’) und es liegt dem Reichskanzler ob, sie zur Kenntnis
des Bundesrates zu bringen, resp. dem Kaiser über die Beschlüsse des
Bundesrates und des Reichstages Vortrag zu halten.
3. Soweit die eigene Verwaltung des Reiches sich erstreckt, ist
der Reichskanzler als Gehilfe und Vertreter des Kaisers der oberste
Chef und Leiter. In dieser Beziehung ist seine Stellung völlig ent-
sprechend der Stellung eines Ministers im Einzelstaate®). Jedoch ist
1) Vgl. die ausführliche Darstellung von HenselS. 12fg., 151g.
2) Rev. Geschäftsordnung des Bundesrates 8 24. 3) Oben S. 250.
4) Es folgt dies daraus, daß diese Vorlagen „im Namen des Kaisers an den
Reichstag gebracht werden“. Reichsverfassung Art. 16.
5) Geschäftsordnung des Reichstages $ 32, 34, 66, 69.
6) Es gehört hierher der Erlaß von Verwaltungsverordnungen, soweit derselbe
durch die Verfassung oder Reichsgesetze dem Kaiser oder dem Reichskanzler direkt
übertragen ist; der Erlaß von Instruktionen an die Behörden; die Vorbereitung der
vom Kaiser zu vollziehenden Emennungen und Entlassungen von Reichsbeamten;
die definitive Entscheidung auf Beschwerden über Unterbehörden des Reiches; die
Verfügung auf Berichte der Behörden; die Vorbereitung der Gesetzesvorlagen und
Etatsentwürfe u. s. w. Eingehende Erörterungen und Zusammenstellungen der dem