Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

8 44. Der Begriff der Reichsbeamten. 435 
Nicht entscheidend ist der Anspruch auf Gehalt!); es gibt auch 
unbesoldete Staatsbeamte, z. B. Wahlkonsuln, Handelsrichter. Honorar- 
professoren u. s. w. Das Reichsbeamtengesetz erwähnt im Art. 16, 
Abs. 2 und Art. 21, Abs. 2 ausdrücklich die Wahlkonsuln als eine Art 
der Reichsbeamten; desgleichen sind die im auswärtigen Dienste des 
Reiches unentgeltlich beschäftigten Attaches Reichsbeamte. Anderer- 
seits sind z. B. die Mitglieder der vom Reich eingesetzten Kommissio- 
nen, auch wenn sie aus Reichsmitteln eine Remuneration erhalten, 
nicht Reichsbeamte). 
Ebensowenig entscheidend ist die Dauer der Amtsübertragung. 
Es kommt sehr häufig vor, daß einem Beaniten ein amtlicher Wir- 
kungskreis auf ganz kurze Zeit übertragen wird, daß ein Amt über- 
haupt nur vorübergehend besteht oder nur interimistisch von einer 
gewissen Person verwaltet wird. Die Beamtenqualität der letzteren 
bleibt davon ganz unberührt). 
Auch das ist unerheblich, ob die Geschäfte, welche einem Beamten 
obliegen, obrigkeitlicher Natur oder technischer Art sind. Eine feste 
Grenze zwischen beiden Arten ist sehr schwer zu ziehen, da bei sehr 
vielen Aemtern technische und obrigkeitliche Geschäfte mit einander 
verbunden sind. Die ganze Unterscheidung, auf welche in allen Dar- 
1) In der älteren Literatur wird durchweg hierauf das entscheidende Gewicht 
gelegt; aber auch die neueren Darstellungen gehen meistens von der Anschauung aus, 
daß eine Besoldung nicht bloß ein naturale, sondern ein essentiale des Beamtenver- 
hältnisses sei. 
2) Dies galt z. B. von den Mitgliedern der Kommission zur Ausarbeitung des 
Bürgerlichen Gesetzbuchs. 
3) Sehr verbreitet ist in der neueren Staatsrechtstheorie die Behauptung, daß 
die dauernde Üebertragung eines Amtes für den Begriff des Beamten wesentlich 
sei. Vgl. z B. Zachariäll, $ 133, 134; v. Gerber S. 109; Schulzel, S. 317; 
v. Rheinbabena a. O. Die Dauer ist nicht einmal für den Begriff des Amtes 
wesentlich; es können vorübergehende Bedürfnisse des Staates vorübergehende Ge- 
schäfte erzeugen, zu deren Erledigung zeitweilig Aemter eingerichtet werden. Wenn 
man aber auch zugeben will, daß das Wort „Amt“ nureinen dauernd abgegrenzten 
staatlichen Geschäftskreis bezeichnet, so ist es doch eine offenkundige Begriffsver- 
wechslung, wenn man für den Staatsdiener die dauernde Uebertragung eines bestimm- 
ten Amtes erfordert. Alsdann wären der Regierungsrat, welcher interimistisch als 
Hilfsarbeiter in das Ministerium berufen wird, oder der Assessor, welcher mit der 
Vertretung eines in den Reichstag gewählten Landrates beauftragt wird, keine Be- 
amten. Das Staatsdienerverhältnis kann ein dauerndes, lebenslängliches sein; ebenso 
kann das Amt ein dauerndes sein, ohne daß der Schluß daraus gerechtfertigt wäre, 
daß die Uebertragung eines bestimmten Amtes an einen bestimmten Staatsdiener eine 
dauernde sein müsse. Allein es ist auch nicht einmal zuzugeben, daß das Staats- 
dienerverhältnis seiner Natur nach notwendig ein dauerndes sei. Vgl. Mauren- 
brecherS8 160; Grotefend 8668; Zöpfl Il, 8 516. Das Staatsrecht aller deut- 
schen Staaten und insbesondere auch das Reichsbeamtengesetz $ 32 kennt 
Beamte, welche auf Probe, Kündigung oder Widerruf angestellt sind, und im $ 38 
sogar „Beamte, welche für ein seiner Natur nach vorübergehendes Geschäft ange- 
nommen werden“. Vgl. auch Strafgesetzbuch 8 349. Andererseits ist der Vormund, 
obgleich er dauernd ein Amt versieht, kein Beamter.
	        
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