Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

8 3. Das Verhältnis des Nordd. Bundes zu den südd. Staaten. 37 
Zur Bildung des Südbundes kam es nicht und daher auch nicht 
zur »näheren Verständigung« des Südbundes und Nordbundes !); wohl 
aber gelang alsbald eine sehr nahe Verständigung zwischen dem Nord- 
deutschen Bunde und den einzelnen süddeutschen Staaten, welche 
ein ungleich festeres Einheitsband um alle deutschen Staaten (mit Aus- 
nahme ÖOesterreichs) schlang, als es jemals zu den Zeiten des alten 
Deutschen Bundes bestanden hatte 2). Da diese Zustände nur vorüber- 
gehende Bedeutung hatten, so genügt es, dieselben ganz kurz zu 
skizzieren. 
Das Verhältnis des Norddeutschen Bundes zu den vier süddeut- 
schen Staaten war, abgesehen von der nationalen Basis, ein rein 
völkerrechtliches, vertragsmäßiges, und war begründet durch folgende 
Verträge: 
1. Gleichzeitig mit den Friedensverträgen wurden zwischen Preußen 
und den süddeutschen Staaten Schutz- und Trutzbündnisse 
geschlossen ?), durch welche sich die Kontrahenten gegenseitig die In- 
tegrität des Gebietes ihrer bezüglichen Länder garantierten und sich 
verpflichteten, im Falle eines Krieges ihre volle Kriegsmacht zu diesem 
Zwecke einander zur Verfügung zu stellen. Für diesen Fall wurde der 
Oberbefehl über die Truppen der süddeutschen Staaten dem Könige 
von Preußen übertragen. Dadurch wurde der einzige Wert, welchen 
der ehemalige Bund hatte, nämlich die Gesamtgarantie aller deutscher 
Staaten für die Integrität des Bundesgebietes wiederhergestellt, zugleich 
aber eine Einheitlichkeit des Oberbefehls über die deutsche Armee für 
den Kriegsfall begründet, wie sie zu den Zeiten des Deutschen Bundes 
nicht einmal angestrebt werden konnte. Der französische Krieg brachte 
frühzeitig die Gelegenheit, den hohen Wert dieser Festsetzungen zu 
erproben. 
Um die Schutz- und Trutzbündnisse wirksam erfüllen zu können, 
verabredeten die süddeutschen Staaten auf einer in Stuttgart abgehal- 
tenen Konferenz vom 5. Februar 1867, ihre Streitkräfte den Prinzipien 
1) Vgl. die interessante und lehrreiche Darstellung von G. Meyer, Die Reichs- 
gründung und das Großherzogt. Baden. Heidelberg 1896, S. 5 ff. 
2) Von den zahllosen verleumderischen Vorwürfen, mit denen die preußische 
Politik von 1866 überschüttet wurde, ist keiner von der Wahrheit weiter entfernt als 
der, daß die Mainlinie eineZerreißung Deutschlands bewirkt habe; sie bedeutete 
nur einen graduellen Unterschied in der Vereinigung Deutschlands, indem die 
Staaten nördlich des Mains enger unter einander verbunden waren als mit den Staaten 
südlich des Mains und diese unter sich. Im Vergleich zu dem, was der Deutsche 
Bund gewährte, war auch diese weniger enge Verbindung ein unermeßlicher Fortschritt. 
3) Sie tragen, mit Ausnahme des Hessischen, dasselbe Datum wie die betreffen- 
den. Friedensverträge, wurden zunächst aber geheim gehalten und erst im April 1867 
veröffentlicht. Ihr Wortlaut ist gedruckt bei Hahn 8. 212; Glaser I, 3, 39fg., 53; 
Staatsarchiv XII, 2734. Sie wurden in den süddeutschen Staaten, außer in 
Bayern, den Landtagen zur Genehmigung vorgelegt und diese wurde ihnen überall 
erteilt. Siehe die näheren Angaben bei Thudichum S. 29, 30, Mejer, Einleitung 
S. 313 und G. Meyer S 66.
	        
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