242 8 68. Das Reichsland. Die Organisation des Reichslandes.
ländisehen Bieres ist in Elsaß-Lothringen durch das Reichs-
Besetz vom 25. Juni 1873 8 4 (RGBl. S. 161) der inneren Gesetzgebung
»bis auf weiteres« . vorbehalten. Während Bayern, Württemberg und
Baden in dieser Hinsicht ein Sonderrecht haben, welches ihnen ohne
ihre Zustimmung nicht entzogen werden kann, hat das Reichsland nur
eine widerrufliche Konzession; gegen einen Beschluß des Bundesrats,
welcher die Aufnahme des Reichslands in die Biersteuergemeinschaft
verfügt, hat das Reichsland kein Recht des Widerspruchs; Art. 78
Abs. II der Reichsverfassung findet nicht Anwendung!'). Dagegen findet
Art. 7 Abs. 4 Anwendung; d. h. bei einer Beschlußfassung über die
Besteuerung des Bieres werden die Stimmen Elsaß-Lothringens nicht
mitgezählt falls es sich nicht um eine Erhöhung des Aversums handelt.
Art. 76 Abs. 1 (Streitigkeiten zwischen Bundesstaaten) und Art. 76
Abs. 2 (Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Bundesstaates) dürften
auf Elsaß-Lothringen anwendbar sein, obgleich das Gesetz vom 31. Mai
1911 sie nicht erwähnt. Denn eine Zuständigkeit, welche für den Bundes-
rat (und event. für die Gesetzgebungsorgane des Reichs) den Bundes-
staaten gegenüber begründet ist, muß von ihm umsomehr dem Reichs-
land gegenüber ausgeübt werden können. Der Schluß vom majus ad
minus rechtfertigt dies. Auch entspricht es der Stellung, welche der
Bundesrat im Organismus des Reiches innehat, solche Streitigkeiten zu
erledigen. Vgl. Bd. I S. 269 ff.
868. Die Organisation des Reichslandes.
Die gegenwärtige Landesverfassung beruht zwar im wesentlichen
auf dem Gesetz vom 31. Mai 1911 Art. II, aber nicht ausschließlich;
insbesondere ist das Gesetz über die Einrichtung der Verwaltung vom
30. Dezember 1871 (Gesetzbl. für Els.-Lothr. 1872 S. 49) in Geltung
geblieben, soweit es nicht schon durch frühere Gesetze abgeändert
worden war?); und das Gesetz vom 4. Juli 1879 ist nur teilweise auf-
gehoben worden. Hiernach besteht zurzeit folgende Organisation.
1. Der Kaiser übt die Staatsgewalt aus, d. h. er hat alle Macht-
befugnisse, welche nach dem in Elsaß-Lothringen geltenden Rechte
dem Staatsoberhaupte zukommen. Wie bereits S. 213, 233 fg. dargetan
wurde, hater diese Rechte nicht als Landesherr, sondern als das Organ des
Reichs. Der Rechtstitel, auf welchem das kaiserliche Recht beruht,
ist das Reichsgesetz vom 9. Juni 1871 und darin ist weder durch das
Gesetz vom 4. Juli 1879 noch durch das Gesetz vom 31. Mai 1911
eine Aenderung eingetreten. Der Kaiser ist nicht zum Rechtsnach-
folger in das durch den Frankfurter Frieden begründete Recht des
Reichs gemacht worden; es gibt keine elsaß-lothringische Krone oder
1) Brausteuergesetz v. 15. Juli 1909, 8 59.
2) An Stelle des $ 10 Abs. 2 ist der letzte Satz des S 2 Abs. 2 des Ges. vom
31. Mai 1911 getreten, welcher denselben Gegenstand betrifft.