Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

$ 76. Das Münzwesen. 171 
stempels!); denn dieser Wert wird durch tatsächliche Verhältnisse, 
nicht durch Rechtssätze bestimmt?). Der Gesetzgeber kann und will 
vielmehr nur den Zahlungswert im Inlande festsetzen. Die 
Eigenschaft eines Zahlungsmittels kann der Gesetzgeber aber anderer- 
seits an jedes beliebige Substrat anknüpfen; er kann zum Gelde er- 
klären, was er will; wenn in den Kulturstaaten regelmäßig nur edle 
Metalle mit dieser rechtlichen Eigenschaft ausgestattet werden, so beruht 
dies nicht auf.dem juristischen Begriffe des Geldes, sondern auf volks- 
wirtschaftlichen und technischen Gründen. 
Wenngleich es kein Geld im Rechtssinn gibt, welchem nicht die 
Qualität eines Zahlungsmiittels gesetzlich beigelegt ist, so braucht doch 
diese Eigenschaft keine unbedingte und unbeschränkte zu sein. Sie 
kann auf gewisse Beträge beschränkt sein; so hinsichtlich der Scheide- 
münzen, welche echtes Geld sind, aber nur zu Zahlungen von geringen 
Beträgen und zur Ausgleichung der in Goldmünzen nicht zahlbaren 
Restbeträge angenommen werden müssen. Oder die Annahmepflicht 
kann subjektiv beschränkt sein, namentlich auf Öffentliche Kassen; 
oder endlich räumlich z. B. auf ein Schutzgebiet oder für fremde 
Münzen auf einem Grenzbezirk °). 
Zum Begriffe des Geldes genügt daher nicht die staatliche Be- 
glaubigung des Meitallgehaltes eines Stückes. Ein geeichter Gold- 
barren ist kein Geld und andererseits sind Münzen mit sehr ausge- 
dehnter Toleranz‘), bei denen der Metallgehalt der einzelnen Stücke 
ein sehr verschiedener sein kann, dennoch Geld, wofern sie nur gesetz- 
liches Zahlungsmittel sind 5). 
Ganz und gar nicht entscheidend ist ferner die tatsächliche 
Zirkulation und Verwendung zu Zahlungen. Die Goldkronen waren 
Geld, obgleich sie nicht zirkulierten, und ausländische Münzen sind im 
Inlande kein Geld, wenngleich sie tatsächlich vielfach als Zahlungs- 
1) Insoweit die Prägung den Gebrauchs wert des Metalls erhöht, wird aller- 
dings das geprägte Stück einen größeren Tauschwert haben wie das ungeprägte Stück 
von gleichem Gewicht und Feingehalt. Bei freier Prägung wird der Wert des 
Geldes den Wert des Metalls mindestens um die Prägekosten überschreiten. Vgl. 
darüber Helfferich S.409fg. Die Münze verhält sich zum Metall wie das Fabri- 
kat zum Rohstoff. 
2) Der Tauschwert des inländischen Geldes kommt zur Erscheinung teils 
durch den Kurs desselben im Auslande, teils durch den Preis der Waren, zu 
welchen auch ausländische Münzen gehören, im Inlande. Die Vorstellung, als könnte 
der Staat den Tauschwert irgendeiner Sache nach seinem Belieben feststellen, ihn 
z. B. einem Stücke Gold oder Silber beilegen, ist eine sehr naive, trotzdem aber in 
der Literatur über das Geldwesen noch immer sehr verbreitete. Sie trägt ganz be- 
sonders die Schuld an der Verwirrung dieser Theorie. 
3) Vgl. Helfferich S. 348. 
4) D. h. gestattete Abweichung vom Normalgewichte. 
5) Ob ein Geldstück seinem Normalgewichte genau entspricht oder ob es 10 Pro- 
mille mehr oder weniger wiegt — sein Geldwert, d.h. gesetzlicher Zahlungswert, ist 
derselbe.
	        
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