8 76. Das Münzwesen. 179
lauf abgenutzten, im Gewicht verringerten Münzstücke, dagegen nicht
auf durchlöcherte, beschnittene oder sonst gewaltsam beschädigte oder
verfälschte Münzstücke !).
6. Die vom Reiche an Stelle der Landeswährung eingeführte Reichs-
währung besteht aus zwei Gattungen von Münzen, Reichsgold-
münzen und Reichsscheidemünzen?) Nur den Reichs-
goldmünzen kommt der Charakter als Geld, d. h. als gesetzliches Zah-
lungsmiittel vollständig und unbedingt zu; Reichsscheidemünzen da-
gegen sind grundsätzlich nur zu Zahlungen von geringfügigen Beträgen
und zur Ausgleichung der in Goldmünzen nicht zahlbaren Restbeträge
bestimmt. Die Reichswährung ist demnach eine einheitliche, nämlich
reine Goldwährung; alle Münzen aus anderem Metall sind vom Reiche
zwar zu ihrem Nennwerte wie die Goldmünzen ausgegeben, ohne daß
ihnen aber die Geldeigenschaft absolut beigelegt ist. Hieraus ergeben
sich zwei Rechtssätze, welche den juristischen Charakter der Scheide-
münzen im Gegensatz zu den Goldmünzen bestimmen, nämlich
a) Niemand ist verpflichtet, Silber münzen im Betrage von mehr
als 20 Mk. und Nickel- undKupfer münzen im Betrage von mehr
als 1 Mk. in Zahlung zu nehmen).
b) Das Reich ist verpflichtet, Scheidemünzen gegen Goldmünzen
umzutauschen. Hinsichtlich dieser Verpflichtung ist die Anordnung
getroffen, daß zunächst von allen Reichs- und Landeskassen Silber-
münzen in jedem Betrage in Zahlung genommen werden;
ferner, daß an gewissen, vom Bundesrat zu bezeichnenden Kassen‘)
Silbermünzen in Beträgen von mindestens 200 Mk. und Nickel- und
Kupfermünzen in Beträgen von mindestens 50 Mk. auf Verlangen
gegen Goldmünzen umgetauscht werden. Der Bundesrat ist er-
mächtigt, die näheren Bedingungen des Umtausches festzusetzen’).
Der Gesamtbetrag der Silbermünzen soll bis auf weiteres 20 Mk.,
derjenige der Nickel- und Kupfermünzen 2'/, Mk. für den Kopf der
Bevölkerung des Reichs nicht übersteigen ®. Durch das Reichsgesetz
vom 3. Juli 1913, $ 6 (Reichsgesetzbl. S. 523) ist der Reichskanzler aber
1) Vgl. Münzgesetz 88 10—12. (V. vom 6. Dezember 1875, $5; vom 7. März 1874,
$ 4; vom 2. Juli 1874, 8 3; vom 19. Dezember 1874, $ 4 usw.)
2) Nach dem Münzgesetz von 1909, $2 u.3 werden ausgeprägt als Goldmünzen
Stücke zu 20 und zu 10 Mark; als Silbermünzen Stücke zu 5, 3, 2, 1 Mark und
a Mark; als Nickelmünzen Stücke zu 25, 10 und 5 Pfennige, als Kupfermünzen
Stücke zu 2 und 1 Pig. Aus einem Kilogramm feinen Goldes werden 139!/. 20 Mark-
stücke oder 279 10 Markstücke, Silbermünzen aus einem Kilogramm feinen Silbers
40 Fünfmarkstücke und die entsprechende Zahl kleinerer Silbermünzen ausgeprägt.
Das Mischungsverhältnis beträgt auf 900 Teile Gold oder Silber 100 Teile Kupfer.
Für Nickel- und Kupfermünzen enthält das Gesetz keine entsprechenden Anordnungen;
der Bundesrat hat die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zu erlassen.
3) Münzgesetz $ 9, Abs. 1.
4) Dieselben sind auf Grund eines Bundesratsbeschlusses vom Reichskanzler in
der Bekanntmachung vom 19. Dezember 1875 aufgeführt. Zentralbl. 1875, S. 802.
5) Münzgesetz 8 9, Abs. 2. 6) Münzgesetz $ 8.