326 $ 82. Die Arbeiterversorgung. Unfallversicherung.
oder Krankenkassen für alle Aufwendungen, welche sie infolge des
von ihm verschuldeten Unfalls auf Grund der Reichsversicherungs-
ordnung gemacht haben; den Genossenschaften haften sie für deren
Aufwendungen auch ohne Feststellung durch strafgerichtliches Urteil).
Die von den Genossenschaften erlassenen Vorschriften über das
von den Versicherten (Arbeitern usw.) zu beobachtende
Verhalten haben einen ähnlichen Charakter wie die von den einzelnen
Betriebsunternehmern in Fabrikordnungen, Dienstanweisungen, Ar-
beitsverträgen getroffenen Vorschriften; nur daß an Stelle der ein-
zelnen Unternehmer die Gesamtheit derselben handelt. Die Ver-
letzung dieser Vorschriften erscheint als eine Verletzung der
Dienstpflichten, welche die in den Betrieben beschäftigten,
versicherungspflichtigen Personen zu erfüllen haben, aber nicht als
vertragsmäßig übernommener, sondern als kraft einer öffentlich-
rechtlichen Befugnis auferlegter Dienstpflichten. Die Rechtsfol-
gen der Verletzung derselben sind daher als ein Analogon zu den
Disziplinarstrafen anzusehen. Auch hier tritt der öffentlich-
rechtliche Charakter der Arbeiterversicherung zutage. So wie der An-
spruch der Versicherten auf Fürsorge vom Reich verliehen ist und
die Berufsgenossenschaften nur Ausführungsorgane sind, so hat auch
das Reich die Genossenschaften mit einer zur Durchführung dieser
Aufgabe erforderlichen Disziplinargewalt gegen die Versicher-
ten ausgestattet.
Die Genossenschaften können die Zuwiderhandlung gegen die von
ihnen erlassenen Vorschriften mit Geldstrafen bis zu 6 Mark bedro-
hen ($ 851). Da die Unfallverhütungsvorschriften tatsächlich beson-
ders den Krankenkassen von Nutzen sind, so ist angeordnet, daß die
Geldstrafen in diejenige Krankenkasse fließen, welcher der zu ihrer
Zahlung Verpflichtete zur Zeit der Zuwiderhandlung angehört, even-
tuell in die allgemeine Ortskrankenkasse bzw. Landkrankenkasse
seines Beschäftigungsortes ($ 914). Die Strafe wird festgesetzt vom Ver-
sicherungsamt (Beschlußausschuß); die Beschwerde geht an das Ober-
versicherungsamt ($ 870).
c) Die Genossenschaften sind befugt, durch Beauftragte die Be-
triebe der Mitglieder zu überwachen, und zwar ebensowohl zur Kon-
trolle der Ausführung der Unfallverhütungsvorschriften, als auch zur
Ermiittelung der für die Einschätzung in eine Gefahrenklasse und für
die Bemessung der Beiträge erheblichen Verhältnisse?). Die Betriebs-
unternehmer sind verpflichtet, den Beauftragten der Genossenschaft
den Zutritt zu ihren Betriebsstätten zu gestatten und die Bücher und
Listen zur Einsicht vorzulegen. Gegen die Verletzung eines Fabrik-
geheimnisses sind besondere gesetzliche Sicherungsmaßregeln ange-
1) 88 898 ff., 903 ff.
2) Reichsversicherungsordnung 8 703. Die näheren Vorschriften erläßt das Reichs-
versicherungsamt; sie sind ergangen am 4. Februar 1913.