Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

$ 82. Arbeiterversorgung. Angestelltenversicherung. 359 
9. Zuschuß- und Ersatzkassen. 
a) Wenn versicherte Angestellte bei Fabrik-, Betriebs-, Haus-, See- 
manns- oder ähnlichen Kassen versichert sind, so können diese Kassen die 
Ruhegeld- und Hinterbliebenenbezüge dieses Gesetzes auf die von 
ihnen zu gewährenden Invaliden-, Alters- oder Hinterbliebenenunter- 
stützungen anrechnen, wenn die im $ 365 erforderten Voraussetzungen 
gegeben sind, insbesondere daß die Kasse die Beiträge aus ihren 
Mitteln entrichten und die Arbeitgeber Zuschüsse zu der Kasse zahlen, 
die mindestens der Hälfte der nach diesem Gesetze zu entrichtenden 
Beiträge gleichkommen. Die Reichsversicherungsanstalt überweist die 
von ihr zu zahlenden Beträge der beteiligten Kasse oder auf Antrag 
durch die Post unmittelbar an den Berechtigten. Die Kassen sind 
berechtigt, ihre satzungsmäßigen Leistungen, die sie vor dem Inkraft- 
treten dieses Gesetzes bewilligt haben, gegen Einzahlung des Deckungs- 
kapitals auf die Reichsversicherungsanstalt zu übertragen, sowie durch 
Einzahlung der entsprechenden Prämienreserven an die Reichsver- 
sicherungsanstalt die Wartezeit ihrer Mitglieder abzukürzen oder auf 
die Reichsversicherungsanstalt die gesamten Anwartschaften zu über- 
tragen ($& 367). 
b) Kassen der bezeichneten Art (sogenannte Zuschußkassen), welche 
schon vor dem 5. Dezember 1911 bestanden haben, können auf ihren 
Antrag, wenn sie bei Stellung desselben rechtsfähig sind, vom Bundes- 
rat als Ersatzkassen zugelassen werden mit der Wirkung, daß die 
Beteiligung an einer solchen Kasse der Versicherung bei der Reichs- 
versicherungsanstalt gleichsteht ($$ 372, 373). Die Kassen müssen aber 
den in 88 374 ff. aufgestellten Bedingungen entsprechen. Die Mitglied- 
schaft bei einer Ersatzkasse befreit von der Versicherungspflicht bei 
der Reichsversicherungsanstal. Wenn jemand aber gleichzeitig bei 
der Reichsversicherungsanstalt und einer oder mehreren Ersatzkassen 
versichert ist, so ist ihm gegenüber die Reichsversicherungsanstalt zu 
den reichsgesetzlichen Leistungen verpflichtet und die Ersatzkassen 
haben die ihnen zur Last fallenden Leistungen in Höhe des dafür er- 
forderlichen Deckungskapitals!) der Reichsversicherungsanstalt zu über- 
weisen. Die satzungsmäßigen Leistungen der Ersatzkasse ermäßigen 
sich um die von ihr zu deckenden reichsgesetzlichen (8$ 382 ff.). 
Auch Knappschaftskassen und Knappschaftsvereine, sowie Öffent- 
lich rechtliche Pensionseinrichtungen können unter gleichartigen Vor- 
aussetzungen als Ersatzkassen zugelassen werden ($$ 387 fg.). 
c) Wenn für versicherungspflichtige Angestellte vor dem 5. Dezem- 
ber 1911 ein Lebensversicherungsvertrag geschlossen wor- 
den ist, und der Jahresbeitrag mindestens ebenso hoch ist wie der 
Beitrag, den sie auf Grund des Gesetzes zu zahlen hätten, so können 
sie auf ihren Antrag von der gesetzlichen Versicherungspflicht befreit 
1) Vgl. darüber die Bestimmungen des Bundesrats vom 20. Dezember 1912. 
Reichsgesetzbl. S. 571.
	        
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