Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

486 8 92. Die Zeugenpflicht. 
2. Die Konsulargerichte und die Gerichte in den 
Schutzgebieten haben in demselben Umfange und nach den- 
selben Regeln wie die ordentlichen Gerichte die Befugnis zur Erzwin- 
gung der Zeugenpflicht, da auf das Verfahren dieser Gerichte in bürger- 
lichen Rechtsstreitigkeiten und Konkurssachen die Zivilprozeßordnung 
und die Konkursordnung und auf das Verfahren in Strafsachen die 
Strafprozeßordnung') für anwendbar erklärt sind’). 
3. Die Militärstrafgesetze in allen zu ihrer Zuständigkeit 
gehörenden Sachen. Die Festsetzung und Vollstreckung von Strafen 
gegen Personen, welche der ordnungsmäßigen Ladung nicht Folge 
leisten, steht in Ansehung der der Militärgerichtsbarkeit unterworfenen 
Personen dem Gerichtsherrn zu; hinsichtlich anderer Personen dem 
Amitsrichter, in dessen Bezirk der Zeuge seinen Wohnsitz oder gewöhn- 
lichen Aufenthaltsort hat. Die Vorführung solcher Personen ist 
durch Ersuchen der Staatsanwaltschaft oder der Polizeibehörde zu 
bewirken’). 
4. Die Gewerbegerichte und Kaufman.nsgerichte können 
Zeugen eidlich vernehmen und die Erfüllung der Zeugnispflicht er- 
zwingen; auf das Verfahren finden die Vorschriften der Zivilprozeß- 
ordnung Anwendung). 
9. Bei der Arbeiterversicherung haben die Organe der 
Versicherungsträger zwar die Sache aufzuklären und weitere Ermiitte- 
lungen anzustellen, aber sie sind nicht befugt, Zeugen (oder Sachver- 
ständige) eidlich zu vernehmen. Erscheint die eidliche Vernehmung 
notwendig, um eine wahre Aussage herbeizuführen, so soll das Ver- 
sicherungsamt um die eidliche Vernehmung ersucht werden, dagegen 
das Amtsgericht nur, wenn die Vernehmung vor dem Versicherungs- 
amt mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden oder Gefahr im Ver- 
zuge ist?) (Reichsversicherungsordnung 88 1571 ff). Die Reichsver- 
sicherungsämter aller Instanzen sind berechtigt, Zeugen eidlich zu ver- 
nehmen; ob die Aussage oder die Eidesleistung verweigert werden 
darf, entscheidet der Vorsitzende !). 
Entsprechende Vorschriften enthält das Versicherungsgesetz für 
1) Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit 88 19, 41, 52 fg. 
2) Eine spezielle Bestätigung der Befugnis des Konsuls zur eidlichen Verneh- 
mung von Zeugen findet sich ebendaselbst $ 54. Auch den durch Verordnung vom 
15. Februar 1889 (Reichsgesetzbl. S. 5) gebildeten Prisengerichten ist im $ 30 
daselbst das Recht zur Vernehmung von Zeugen beigelegt und die Strafprozeßord- 
nung für anwendbar erklärt worden. 
3) Militärstrafgerichtsordnung $ 1886. 
4) Reichsgesetz vom 30. Juni 1901 $ 44; Reichsgesetz vom 6. Juli 1904 8 16. 
5) Hinsichtlich der Zeugenpflicht gelten beim Verfahren vor dem Amtsgericht 
die Vorschriften der Zivilprozeßordnung, Reichsversicherungsordnung $& 1574, beim 
Verfahren vor dem Versicherungsamt die Regeln der Reichsversicherungsordnung 
SS 1575 ff. 
6) Reichsversicherungsordnung $8 1652, 1665, 1679, 1698, 1701.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.