Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 107. Die freiwillig übernommene Militärdienstpflicht. 209 
4. Die Rechte und Ansprüche der Kapitulanten bestimmen 
sich nicht nach freier vertragsmäßiger Festsetzung des einzelnen 
Falles, sondern lediglich nach den gesetzlichen und reglementsmäßigen 
Vorschriften über Löhnung, Verpflegung, Ausrüstung, Bekleidung, 
Quartiergewährung, Versorgung usw. Sie sind daher je nach der 
Dienststellung und Charge des Kapitulanten verschieden‘). Ein Recht 
zum Unteroffizier ernannt oder weiter befördert zu werden, hat der 
Kapitulant nicht, während andererseits ein Wehrpflichtiger schon vor 
Abschluß einer Kapitulation oder ohne dieselbe zum Unteroffizier usw. 
ernannt werden kann?). Die Gewährung des Gehalts und der Löh- 
nung an die Unteroffiziere des Reichsheers, der kaiserlichen Marine 
und der Schutztruppenunteroffiziere beim Kolonialamt erfolgt jetzt auf 
Grund der dem Besoldungsgesetz vom 15. Juli 1909 beigefügten Be- 
soldungsordnung IV (Reichsgesetzbl. S. 621 ff... Sämtliche Unteroffi- 
ziere des Heeres und des Reichs-Kolonialamtes haben Anspruch auf 
Unterkunft oder Servis. 
5. Hinsichtlich der Beförderung der Unteroffiziere 
im Frieden sind die jetzt geltenden Bestimmungen vom preußischen 
Kriegsministerium auf Grund Allerhöchster Ermächtigung am 21. Juni 
1894 erlassen worden?). Sie beruhen auf den in der Kabinettsordre 
vom 22. Juni 1873 (Armeeverordnungsbl. S. 175) getroffenen Anord- 
nungen. Als Grundsatz für das Avancement ist in dieser Verordnung 
8 6 festgestellt, daß bei Beförderung eines Unteroffiziers zum etats- 
mäßigen Vizefeldwebel oder zum Sergeanten zunächst das Dienstalter 
entscheidet, und zwar bei der Kavallerie innerhalb des Regiments, bei 
den übrigen Waffen innerhalb der Kompagnie resp. Batterie. Ist der 
hiernach zu befördernde Sergeant oder Unteroffizier nicht ausreichend 
qualifiziert, so darf nur der in der Reihe nächstfolgende qualifizierte 
Unteroffizier befördert werden. Dagegen kann zum Feldwebel oder 
Wachtmeister jeder hierzu geeignete Unteroffizier ohne Rücksicht auf 
seine Anciennität befördert werden. 
6. Die Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgt 
a) durch Ablauf der in der Kapitulation vereinbarten Zeit. In der 
Regel ist dieselbe auf mindestens ein Jahr festzusetzen‘). Personen, 
welche in eine Unteroffizierschule behufs ihrer Ausbildung aufgenom- 
men werden, müssen sich zu einer vierjährigen aktiven Dienstzeit 
1) Demgemäß werden die Kapitulanten eingeteilt in Unteroffizierkapitulanten 
und Gemeinenkapitulanten. Vgl. Friedensbesoldungsvorschrift $ 6, 11. 
2) Die Ernennung zum Unteroffizier erfolgt durch den Regimentskommandeur 
resp. den mit der Disziplinargewalt eines solchen ausgestatteten Befehlshaber. 
3) Sie sind mit geringen Abänderungen neu abgedruckt als Beilage zu Nr. 33 
des Armeeverordnungsblattes für 1899. 
4) Die Truppenteile können jedoch Kapitulanten unter Vorbehalt der jederzeiti- 
gen Kündigung auf einen Zeitraum von höchstens drei Monaten annehmen. Eben- 
daselbst 8 12.
	        
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