Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

18 S$S 96. Die Einheitlichkeit des Militärrechts u. der Heereseinrichtungen. 
Materien umfassen soll, die überhaupt der gesetzlichen Regelung 
unterliegen. 
Im Art. 61, Abs. 1 wird die Gesamtheit aller in Preußen er- 
gangenen Vorschriften über das Militärwesen zwar unter dem Aus- 
druck »Preußische Militärgesetzgebung« zusammengefaßt, formelle 
Gesetzeskraft wird aber den hierbei erwähnten Reglements, Instruk- 
tionen und Reskripten nicht beigelegt '). 
In Ermangelung einer positiven verfassungsmäßigen Abgrenzung 
des Verordnungsrechts ist demnach dieselbe aus allgemeinen staats- 
rechtlichen Prinzipien zu gewinnen, und da lassen sich zwei Rechts- 
sätze bilden, welche feste Schranken für das Verordnungsrecht auf- 
stellen und welche der materiellen und der formellen Bedeu- 
tung der Worte Gesetz und Verordnung entsprechen. 
a) Eine Verwaltungsverordnung ist nur innerhalb der Verwaltung 
wirksam und kann also nur Interna der Armee- und Marineverwal- 
tung regeln; sobald eine Vorschrift den Untertanen im allgemeinen 
oder gewissen Klassen derselben, oder den Gemeinden, Korporationen, 
Eisenbahnunternehmern usw. Verpflichtungen für die bewaffnete 
Macht auferlegt, oder in das Gerichtswesen, Steuerwesen, die Gemeinde- 
verfassung usw. eingreift, ist sie ihrem materiellen Inhalt nach 
nicht mehr eine res interna der Armee- und Marineverwaltung, son- 
dern eine Rechtsvorschrift?). Für solche Anordnungen ist daher der 
Regel nach die Form der Gesetzgebung erforderlich; es sei denn, daß 
der Erlaß derselben durch ein Reichsgesetz dem Kaiser oder einem 
anderen staatlichen Organe delegiert ist (Rechts verordnung) °). 
b) Auch Verwaltungsvorschriften können im Wege der Gesetz- 
gebung erlassen werden und erhalten dadurch formelle Gesetzes- 
kraft, d. h. sie können nur wieder im Wege der Gesetzgebung auf- 
gehoben oder verändert werden‘). Insoweit daher ein Reichsgesetz An- 
ordnungen enthält, ist der Erlaß von Verordnungen, welche damit 
im Widerspruch stehen, unzulässig, wenngleich dieselben nur die 
innere Verwaltung der Armee und Marine betreffen. 
Dagegen ist das ganze von diesen beiden Rechtssätzen nicht ein- 
geschlossene Gebiet der freien Regelung durch Verwaltungsverordnung 
unterworfen’). 
1) Dies wurde im verfassungsberatenden Reichstage von 1867 ausdrücklich durch 
eine Erklärung des Bundeskommissars v. Ro on konstatiert (Stenogr. Berichte S. 581) 
und ist unbestritten. Vgl. Arndt, Verordnungsrecht S. 134 fg. ' 
2) Vgl. Bd. 2, S. 180 ff. Hiervon ist der Fall zu unterscheiden, daß der Chef 
eines anderen Ressorts Interna des letzteren im Interesse der Militärverwaltung oder 
mit Rücksicht auf ihre Bedürfnisse regelt. Hierauf beruhen die zahlreichen gemein- 
schaftlichen Verordnungen von zwei oder mehr Ministern. 
3) Vgl. Bd. 2, 8 53, S. 89 ff. 
4) Vgl. Bd. 2, S. 68 ff. 
5) Ueber das Verhältnis derselben zum militärischen Oberbefehl ver- 
gleiche den folgenden Paragraphen.
	        
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