Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

$ 107. Die freiwillig übernommene Militärdienstpflicht. 217 
Reglements vom 2. Juli 1873!). Dagegen findet die Verordnung vom 
2. Mai 1874 über die Ehrengerichte auf Militärbeamte keine Anwen- 
dung. 
2. Die Zivilbeamten der Militär- und Marinever- 
waltung. 
Obwohl auch diese Beamten vom Tage ihrer Anstellung bis zum 
Zeitpunkt ihrer Entlassung aus dem Dienste zum aktiven Heere ge- 
hören und die von ihnen zu leistenden Dienste zu den Militärdiensten 
gezählt werden können, so sind dieselben doch in einer so losen Ver- 
bindung mit der Organisation des Heeres und der Marine, und bei 
ihren amtlichen Geschäften ist der spezifisch militärische Charakter so 
wenig ausgeprägt, daß die Anwendung der für Militärpersonen ge- 
gebenen besonderen Rechtsvorschriften auf sie nicht als angemessen, 
jedenfalls nicht als erforderlich erscheint. 
Von den im Militärgesetz enthaltenen besonderen Rechtsregeln 
für Militärpersonen findet allein die Bestimmung des $ 41 über die 
Uebernahme von Vormundschaften auch auf die Zivilbeamten der 
Militärverwaltung Anwendung. Die Disziplinarstrafordnung für das 
Heer (respektive für die Marine) ist auf diese Beamten in keinem Falle 
anwendbar, selbst dann nicht, wenn sie einem Militärbefehlshaber 
dienstlich untergeordnet sind?). Dagegen gilt die Verordnung vom 
30. März 1895 über den Dienstweg und die Behandlung von Beschwer- 
den auch für die Zivilbeamten der Militär- und Marineverwaltung. Ver- 
ordnung 11 S1ff. Der Militärgerichtsbarkeit sind diese Beamten nicht 
unterworfen, ebensowenig dem Militärstrafgesetzbuch und der Militärstraf- 
gerichtsordnung. Eine Ausnahme hiervon kann jedoch in Kriegs- 
zeiten eintreten, da während eines gegen das Deutsche Reich ausge- 
brochenen Krieges alle Personen, welche sich in irgend einem Dienst- 
oder Vertragsverhältnisse bei dem kriegführenden Heere befinden, oder 
sonst sich bei demselben aufhalten oder ihm folgen, den Vorschriften 
des Militärstrafgesetzbuches, insbesondere den Kriegsgesetzen unter- 
worfen sind). Sind diese Voraussetzungen vorhanden, so ist zugleich 
für diese Personen der Militärgerichtsstand begründet‘). Werden sie 
zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, so kann das Gericht zugleich auf 
Aufhebung des Dienstverhältnisses erkennen °). 
1) v. Helldorff IV, 4, S. 249 fg. 
2) In diesem Falle hat zwar der Militärvorgesetzte eine Disziplinargewalt, für 
Ausübung derselben sind aber die $$ 80-83 des Reichsbeamtengesetzes maßgebend. 
Vgl. das Reskript des preußischen Kriegsministeriums vom 3. Januar 1875 bei v. Hell- 
dorff Tl. IV, Abt. 6, S. 24fg. 
3) Militärstrafgesetzbuch 8 155. Die Vorschrift ist also nur anwendbar, wenn der 
Krieg bereits ausgebrochen ist — die Mobilmachung des Heeres allein genügt nicht 
— und wenn der Beamte sich bei dem kriegführenden Heere befindet. Ueber die 
entsprechenden Voraussetzungen bei der Marine vgl. Militärstrafgesetzbuch $ 164—166. 
4) Militärstrafgerichtsordnung $ 1, Ziff. 8. 
5) Militärstrafgesetzbuch 8 156.
	        
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