304 & 112. Die Kriegsleistungen.
3. Lieferung von Eisenbahnmaterial.
a AInhalt der Last. Die Eisenbahnverwaltungen sind ver-
pflichtet, ihr zur Herstellung und zum Betriebe von Eisenbahnen dien-
liches Material herzugeben '!). Zur Anschaffung von Eisenbahnmaterial,
um es der Militärverwaltung zu liefern, können sie nicht angehalten
werden; sie brauchen nur »ihr« Material herzugeben, dieses aber ohne
Einschränkung, selbst wenn sie dadurch in betriebsunfähigen Zustand
versetzt werden?). Die Verpflichtung umfaßt sowohl das Betriebs-
material, als die zum Bau und zur Ausrüstung von Eisenbahnen er-
forderlichen Gegenstände, und zwar nicht nur die von der Eisenbahn-
verwaltung in Vorrat gehaltenen, sondern auch die mit dem Bahn-
körper und den Gebäuden verbundenen °). Der Zweck der Kriegslast
besteht vorzugsweise darin, der Armeeleitung die schleunige Herstel-
lung und Reparatur von Eisenbahnen und den Betrieb von okku-
pierten ausländischen Eisenbahnen zu ermöglichen ?).
b) Geltendmachung. Das Reichseisenbahnamt setzt den
Maßstab fest, nach welchem die Eisenbahnverwaltungen ihr Material
herzugeben haben). Es ist nicht vorgeschrieben, daß derselbe für
alle Eisenbahnen derselbe sei; es wird vielmehr denjenigen Bah-
nen, von denen Transportleistungen in großem Umfange gefordert
werden, ihr Betriebs- und Ausrüstungsmaterial nicht entzogen werden
können; im allgemeinen aber ist an dem Grundsatz festzuhalten, daß
die Eisenbahnen nicht ohne dringende Not in die Lage versetzt werden
sollen, ihren Betrieb einzustellen. Die Hergabe des Materials selbst
erfolgt auf direkte Requisilion der vom Kaiser hierzu autorisierten
Militärbehörden, insbesondere der Linienkommandanten. Die Requi-
sition soll nur im Falle des wirklich eintretenden Bedarfes erlassen
werden. Die auf Grund der Requisition gelieferten Lokomotiven und
Wagen sind mit der Inschrift »Militäreisenbahndirektion Nr... .« zu
versehen; sie werden so behandelt, als wenn die betreffende Militär-
eisenbahndirektion Eigentümerin derselben wäre, und sind der letz-
teren von allen Bahnverwaltungen sobald als möglich wieder zurück-
zuführen ®).
d) Vergütung. Für das gelieferte Betriebsmaterial erhalten die
Bahnverwaltungen eine Vergütung nach Maßgabe eines vom Bundes-
rat festzusetzenden allgemeinen Tarifs ; für das gelieferte Bau- und Aus-
1) Kriegsleistungsgesetz $ 28, Ziff. 3.
2) Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstags 1873, S. 618.
3) Anderer Ansicht ist Seydel in Hirths Annalen 1874, S. 1063, welchem
Meyer-Dochow, Verwaltungsrecht $ 210, Note 33 zustimmt. Vgl. aber den
Kommissionsbericht (Stenogr. Berichte 1873, S. 618) zu $ 28, Ziff. 3.
4) Die Geltendmachung der Kriegslast kann aber auch stattfinden, um inländischen
Eisenbahnen, welche besonders stark für Militärtransporte in Anspruch genommen
werden, genügende Massen von Betriebsmaterial usw. zuzuführen.
5) Ausführungsverordnung Art. 14, Ziff. 3.
6) Instruktion vom 20. Juli 1872, S 54, Ziff. 6 u. 7.