8 114. Der Reichsfiskus. 339
verblieb dem preußischen usw. Kriegsminister und den ihm unterstell-
ten Intendanturen, also den Landesbehörden; die Zuständigkeit der
letzteren wurde nicht verändert, eine Mitwirkung von Reichsbehörden
fand nicht statt; nur an der obersten Stelle wurden die Kriegsmini-
ster, insbesondere der preußische, dem Reichskanzler insoweit unter-
geordnet, als demselben die Möglichkeit gewährt ist, in allen die Fi-
nanzen berührenden Angelegenheiten seinen Willen zur Geltung zu
bringen!. Damit wurde dem Reichskanzler eine weiterreichende Zu-
ständigkeit gegeben, als die nach Art. 17 der Reichsverfassung von ihm
namens des Kaisers zu: übende Ueberwachung der Ausführung
der Reichsgesetze?).
In Durchführung dieses Grundsatzes wurden die preußischen
Militärverwaltungsbehörden angewiesen, alle Verträge »namens des
Reichsmilitärfiskus“ abzuschließen ?,, wodurch der letztere in privat-
rechtlicher Beziehung zum Träger der vertragsmäßigen Rechte und
Pflichten bestellt wurde.
Endlich gelang es auch nach mancherlei Schwankungen, die Ge-
richte zur Anerkennung des Satzes zu bewegen, daß die Behörden
von Preußen, Sachsen und Württemberg die finanzielle Militärverwal-
tung in Vertretung des Reichsfiskus führen. Es ist dies in dem Ur-
teil des Reichsgerichts vom 9. März 1888 (Entscheidungen Bd. 20,
S. 148 ff.) ausgesprochen worden, in dessen Begründung der Schwer-
punkt ganz richtig auf das Reichsgesetz vom 25. Mai 1873 gelegt wird *),
Auch in der Literatur überwiegt jetzt die Ansicht, daß der Militär-
fiskus Reichsfiskus sei°).
Hiernach ist tatsächlich diese Rechtsanschauung, obgleich sie mit
der Reichsverfassung in Widerspruch steht, zur Geltung gelangt‘). Nur
1) Vielleicht ist es kein bloßer Zufall, daß diese Veränderung des staatsrecht-
lichen Verhältnisses des Kriegsministers zum Reichskanzler in diejenige Zeit fiel, in
welcher das Ausscheiden des Ministers v. Roon aus der Stellung eines preußischen
Kriegsministers sich vollzog.
2) Vgl. Joöla. a. O.S. 848.
3) Wortlaut und Datum dieser Verfügung sind nicht bekannt; dieselbe wird in
einer Denkschrift des Reichskanzlers (Reichsjustizamts) erwähnt. Archivfür öffent-
liches Recht Bd. 4, S. 154. Daß in Sachsen und Württemberg entsprechende An-
ordnungen ergangen seien, wird daselbst nicht erwähnt, ist aber wohl anzunehmen.
4) Vgl. auch Urteil des Reichsgerichts vom 24. September 1889 (Entscheidungen
Bd. 24, S. 37).
5) Vgl. Schulze, Staatsrecht I, S. 264; Brockhaus, Das deutsche Heer
88u.9; Bornhak, Preuß. Staatsrecht IIL, S. 46; v. Weinrich in (Gruchots)
Beiträgen Bd. 33 (1889), S. 161 ff.; Hänell, S.5ilfg.; Gümbel, Bundesfeldherrn-
amt S. 175 ff.; Arndt, Staatsrecht S. 486; Dambitsch S. 3850; Mayern, Bei-
lageheft zur Zeitschr. f. Völkerr. u. Bundesstaatsr. Bd. IV, S. 15 ff. — Für die ent-
gegengesetzte Ansicht vgl. außer meinen Ausführungen in der ersten Auflage
dieses Werkes, im Archiv für öffentl. Recht Bd. 3, S. 499 fg. und in v. StengelS
Wörterbuch des Verwaltungsrechts II, S. 363, Jo&l in Hirths Annalen 1888, S. 837 ff.
und Seydel, Kommentar S. 348 ff.
6) Dagegen hat man die Konsequenz dieser Anschauung, daß sogenannte justi-