Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

$ 122. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer. 489 
haftet der Erbe in Höhe des Wertes des aus der Erbschaft Empfange- 
nen für die Steuer als Gesamtschuldner; sind mehrere Erben vorhan- 
den, so haftet jeder in gleicher Weise auch für die von den Miterben 
zu entrichtende Steuer. Diese Haftung erstreckt sich aber nicht auf 
Steuernachforderungen. 
3. Eine subsidiäre Haftung trifft gesetzliche Vertreter, Bevollmäch- 
tigte, Testamentsvollstrecker, Nachlaßpfleger und Verwalter von Fa- 
milienstiftungen, wenn sie zur Steuermasse gehörendes Vermögen 
oder einzelne Vermögensstücke vor der Berichligung oder Sicherstel- 
lung der darauf haftenden Erbschaftssteuer ausantworten, soweit die 
Beitreibung von den Steuerpflichtigen nicht erfolgen kann. $ 32. 
VI. Das Verfahren. 
1. Für die Erhebung und Verwaltung der Erbschaftssteuer ist der- 
jenige Bundesstaat zuständig, in welchem der Erblasser zur Zeit seines 
Todes seinen Wohnsitz gehabt hat. Hatte er in mehreren Bundes- 
staaten einen Wohnsitz, so ist derjenige Wohnsitz maßgebend, an wel- 
chem er sich zuletzt aufgehalten hat. Soweit aber die Steuer von einem 
Grundstück zu entrichten ist, ist der Bundesstaat zuständig, in welchem 
das Grundstück liegt. In Ermangelung eines Wohnsitzes im Inlande 
entscheidet die Staatsangehörigkeit des Erblassers und im Falle des 
8 6, Abs. 1 und 5 sein gewöhnlicher Aufenthalt. Meinungsverschieden- 
heiten unter mehreren Bundesstaaten über ihre Zuständigkeit ent- 
scheidet auf Anrufen eines dieser Bundesstaaten der Bundesrat. 
2. Die Landesregierungen bestimmen die Steuerstellen, denen die 
Verwaltung des Erbschaftssteuerwesens obliegt (Erbschaftssteuerämter). 
Sie unterstehen den von der Landesregierung zu bestimmenden Ober- 
behörden und letztere der obersten Landesfinanzbehörde'). Die Reichs- 
bevollmächtigten haben in Ansehung der Verwaltung der Erbschafts- 
steuer dieselben Rechte und Obliegenheiten, welche ihnen hinsichtlich 
der Zölle und Verbrauchssteuern beigelegt sind’). Unter Zustimmung 
des Bundesrats kann der Reichskanzler die Wahrnehmung dieser Ge- 
schäfte anderen Beamten übertragen. 88 33 fg. 
3. Anmeldungspflicht. Jeder, dem ein steuerpflichtiger Er- 
werb von Todes wegen zufällt, hat ihn binnen einer Frist von 3 Mo- 
naten, oder wenn er sich bei Beginn der Frist im Auslande aufhält, 
binnen 6 Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfalle dem zu- 
ständigen Erbschaftssteueramte schriftlich anzumelden. 8 36, Abs. 1°). 
1) Die Steuerstellen und Oberbehörden sind dem Reichskanzler mitzuteilen und 
von ihm im Zentralbl. zu veröffentlichen. Ausführungsbestimmungen $ 1. Ein Ver- 
zeichnis der Behörden im Zentralbl. 1906, S. 1103 ff. Es ist mehrfach abgeändert 
worden. 
2) In denjenigen Staaten, in welchen die Geschäfte der Oberbehörde für die 
Erbschaftssteuer anderen Behörden als den Zolldirektivbehörden übertragen sind, 
werden Umfang und Art der Tätigkeit der Reichsbevollmächtigten vom Reichskanzler 
im Einvernehmen mit der beteiligten Bundesregierung geregelt. & 35, Abs. 2. 
3) Ueber den Inhalt der Anmeldung siehe Ausführungsbestimmungen $ 12.
	        
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