Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

$S 98. Die Gemeinschaft der Lasten und Ausgaben für die bewaffnete Macht. 57 
jährlich Rechnung zu legen! Da die Decharge dem Reichs- 
kanzler erteilt wird und dieser die verfassungsmäßige Pflicht 
hat, dem Bundesrate und Reichstage Rechnung zu legen, so folgt 
daraus, daß die Kontingentsverwaltungen verpflichtet sind, dem 
Reichskanzler Rechnung zu legen, und daß sie zu allen Ab- 
weichungen von den Ansätzen des Etats die Genehmigung des Reichs- 
kanzlers einholen müssen. Für Bayern gilt dies jedoch aus dem 
angegebenen Grunde nicht; dem Bundesrat und Reichstag ist nur 
nachzuweisen, daß die für das bayerische Heer erforderliche, im Etat 
ausgeworfene Hauptsumme wirklich an Bayern überwiesen worden 
ist, während die Kontrolle und die Erteilung der Entlastung über die 
Verwendung dieser Summe den nach dem bayerischen Staatsrecht 
hierzu berufenen Organen des Königreichs zusteht. ?). 
3. Aus demselben Grundsatz folgt, daß Ersparnisse an dem Mili- 
täretat, welche eine Regierung bei der ihr zustehenden Militärverwal- 
tung macht, nicht der Kasse dieses Staates, sondern der Reichskasse 
zufallen °); ausgenommen ist auch hier Bayern, da die Geltung des 
Art. 67 für Bayern in dem Versailler Vertrage ausdrücklich ausge- 
schlossen ist und Bayern seine Armeeverwaltung auf eigene Rech- 
nung und selbständig führt. Eine formelle Garantie, daß Bayern nicht 
auf Kosten der Kriegstüchtigkeit seines Kontingentes Ersparnisse 
macht, ist lediglich durch das dem Kaiser eingeräumte Inspektions- 
recht gegeben °). 
Auch Württemberg ist verfassungsmäßig’) das Sonderrecht 
eingeräumt worden, daß die württembergische Regierung nach Maß- 
gabe des Reichshaushaltsetats den Aufwand für die Unterhaltung des 
württembergischen Armeekorps ...in selbständiger Verwal- 
tung bestreitet, und daß Ersparnisse, welche unter voller 
Erfüllung der Bundespflichten als Ergebnisse der obwaltenden be- 
sonderen Verhältnisse möglich werden, zur Verfügung Würt- 
tembergs verbleiben‘) Dieses Recht Württembergs ist von 
dem erwähnten Rechte Bayerns erheblich verschieden, weil die Spe- 
zialetats auch für das württembergische Armeekorps vom Reiche fest- 
gestellt und die wirklich erfolgten Ausgaben vom Rechnungshofe des 
Reiches geprüft werden, und weil das württembergische Kontingent 
1) Reichsverfassung Art. 72. 
2) Schlußbestimmung zum XII. Abschnitt der Reichsverfassung. Vgl. Riedel, 
Reichsverfassung S. 146; Seydel, Bayer. Staatsrecht Bd. 3, S. 723. 
3) Reichsverfassung Art. 67. 
4) Vgl. darüber die Ausführungen von Seydel, Bayer. Staatsr. S.715fg. Kom- 
mentar S.346fg. Die Annahme von Arndt S. 495, daß wenn in Bayern Ersparnisse 
gemacht werden, dies auch im Reiche geschehen müsse, und daß wenn Bayern mehr 
als die im Reichsetat für sein Kontingent ausgeworfene Summe verbraucht, auch 
der Etat für das übrige Reichsheer überschritten werde, ist willkürlich. 
5) Schlußbestimmungen zum XI. Abschnitt der Reichsverfassung. 
6) Militärkonvention Art. 12, Abs. 1.
	        
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