XVIII Einleitung.
liegen blieben. Auf der anderen Seite erzeugten die wirtschaftlichen Ver-
hältnisse zahlreiche Gesetze, die Materien regelten, hinsichtlich welcher die
Frage, ob sie in das neue Handelsgesetzbuch aufzunehmen seien, mit min-
destens gleichem Rechte wie für das Verlagsrecht, aufgeworfen werden
werden konnte; insbesondere galt dies von dem Gesetz, betreffend die
Gesellschaft mit beschränkter Haftung, von dem Depotgesetz und von dem
Börsengesetz.
Die Aufnahme, welche der im Jahre 1888 erschienene erste Entwurf
des Bürgerlichen Gesetzbuchs fand, ließ es geraten erscheinen, von weiteren
Plänen hinsichtlich anderer Gesetzbücher einstweilen abzusehen. Das Ge-
lingen des ganzen Kodifikationswerkes war zweifelhaft geworden und die
Anstrengungen derjenigen, die um das Zustandekommen der Rechtseinheit
sich sorgten, konzentrierten sich auf das Bürgerliche Gesetzbuch. Die Auf-
gabe der vom Bundesrat einberufenen Kommission zur zweiten Lesung des
Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs war eine so umfassende, die Mög-
lichkeit der Anderungen grundlegender Art eine so naheliegende, daß vor
Abschluß der zweiten Lesung eine Ubersicht des dem Handelsgesetzbuch doch
zugrunde liegenden bürgerlichen Rechts nicht möglich war. Wie sehr die
Arbeit der zweiten Kommission den Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches
umgestaltete, trat mit Bezug auf das Handelsrecht zumal beim Gesellschafts-
recht hervor, wo an Stelle der römischrechtlichen societas die deutsche ge-
samte Hand gesetzt und damit für die Ausgestaltung des neuen Handels-
gesetzbuches eine gänzlich andere Grundlage geschaffen wurde.
Erst nach Beendigung der zweiten Lesung des Entwurfs eines Bürger-
lichen Gesetzbuchs im Jahre 1895 ging man im Reichs-Justizamt an die
Aufstellung des Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs. Aber jene hochfliegenden
Pläne, die die Vorkommission hinsichtlich der Kodifikation des Handelsrechts
geäußert hatte, wurden nicht verwirklicht. Bereits die in den Jahren
1887 bis 1889 erschienene verdienstvolle Vorarbeit „Zur Revision des
Handelsgesetzbuchs" von Dr. J. Rießer war zu wesentlich engerer Begrenzung
gelangt, indem sie sich gegen die Aufnahme des Reichseisenbahnrechts, der
Seemannsordnung, der Gesetze über das Immaterialgüterrecht, Verlagsrecht,
Recht der Banken aussprach (S. 425, 154). Das Recht der Inhaber-
papiere war zum größten Teil durch den Entwurf des Bürgerlichen Ge-
setzbuchs geregelt. — Die ungeheuren Schwierigkeiten, welche die Fertig-
stellung des Bürgerlichen Gesetzbuchs verursachte, hatten eine große Müdigkeit
erzeugt. Es erschien in hohem Grade bedenklich, das so schwer dem Ziele
nahe gebrachte Kodifikationswerk des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch eine
dem Umfange nach gleich große, viele Arbeiten und Beratungen erfordernde
Kodifikation des gesamten Handelsrechtsstoffes zu verzögern, wenn nicht
gar zu vereiteln, zumal eine Anderung handelsrechtlicher Gesetze bei dem
schnellen Wechsel der wirtschaftlichen Verhältnisse des Handels leichter zu
gewärtigen war als eine Anderung zivilrechtlicher Normen. Immerhin
hätte sich die Einfügung einzelner Gesetze in das neue Handelsgesetzbuch
aus Gründen der Methodik empfohlen; insbesondere galt dies von dem
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, und dem
Binnenschiffahrtsgesetz, da in beiden Materien behandelt waren, die im
engsten Anschluß an das Handelsgesetzbuch standen. Aber auch hiervon