Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

8 48 (Nr. 8—10). 5. Abschnitt. Prokura und Handlungsvollmacht. 187 
Erteilung mit der Wirkung, daß das rechtskräftige Urteil die Abgabe der Erklärung 
nach Z.P.O. § 794 ersetzt, ausgeschlossen. Dies folgt aus der freien Widerruflichkeit 
der Prokura (5 52, R.O. H.G. V Nr. 77, R.G. Z. XXVII Nr. 9, nicht etgegenstht 
R.G Z. II Nr. 10), wohl aber kann bei unbegründeter Verweigerung der Erteilung 
ein Anspruch auf Schadensersatz gegeben sein. 
7. Mehrere Prokuristen. Der Inhaber eines Handelsgeschäfts kann einen 
und mehrere Prokuristen bestellen. Letzterenfalls kann jeder selbständige Prokura 
erhalten, sei es für das ganze Handelsgewerbe, sei es für eine einzelne Niederlassung 
(5 50 Abs. 3). Es kann aber auch eine gemeinschaftliche (Gesamtprokura) 
erteilt werden. Wann das eine, wann das andere vorliegt, ist Tatfrage, eine 
Rechtsvermutung spricht für die Gesamtprokura nicht, ebensowenig aber für das 
Gegenteil (a. A. Bie, Kollektivprokura S. 16). In der Anordnung der Kollektiv- 
zeichnung liegt jedenfalls die der Kollektivvertretung (R. O. H. G. III S. 183, 
XVI S. 35, R.G.3. XXIV S. 28, K. G. in Entsch. F. G. V S. 243). 
8. Gesamtprokura (Kollektivprokura). Bei der Gesamtprokura liegt eine sub- 
jektiv beschränktef) Prokura vor (Bie S. 14), gewissermaßen eine Vollmacht zu ge- 
samter Hand. Die Gesamtprokuristen erscheinen zusammen als ein Prokurist. Daraus 
folgt, daß Willensmängel oder Kenntnis, ja auch nur Kennenmüssen (hier anders 
Staub-Bondi Anm. 9) gewisser Umstände (B.G.B. § 166) in der Person auch 
nur eines der Gesamtprokuristen auf den Prinzipal wirken (Bolze I Nr. 1186, IV 
Nr. 807, XVI Nr. 231; bedenklich R.G. im Recht 09 Nr. 3000). Weiter entnahm 
daraus die früher herrschende Auffassung, daß die kraft der Prokura vorzunehmenden 
Rechtsakte von allen gemeinsam vorzunehmen sind, d. h. so, daß alle an dem Rechts- 
akt mitwirken, sei es gleichzeitig, sei es soweit es zulässig ist, nacheinander (z. B. 
nicht zulässig bei der Entgegennahme der Auflassung B.G.B. 5 925). Das Mit- 
wirken brauche nicht gerade in gleicher Form zu erfolgen, der eine könne das Wort 
führen, die anderen könnten zustimmen; der eine könne sprechen, die anderen könnten 
durch Gesten oder Schweigen ihre Zustimmung ausdrücken. Wo das Rechtsgeschäft 
eine bestimmte Form verlange, müßten freilich alle diese Form beobachten l“ 
III S. 183, XII S. 34, XVI Nr. 11, XVII Nr. 94). Nicht dagegen genüge bloße 
nach innen erteilte Einwilligung (B.G.B. § 182), stets müsse dem Gegenkontrahenten 
gegenüber eine Betätigung des Einverständnisses erfolgen (R.G. S. XXXX S. 18, 
LXI S. 225). Ebensowenig genüge die Erteilung einer Vollmacht an einen der 
anderen oder an einen Dritten. Der Gesamtfrorrrst müsse in Person mitwirken. 
Falls einer von den Gesamtprokuristen nicht mitwirke, handelten die übrigen in Uber- 
schreitung ihrer Vollmacht und es träten die Wirkungen des B. G. B. §5 177 f. ein, 
d. h. bis zur erteilten Genehmigung seitens des Prinzipals (nicht der übrigen Ge- 
samtprokuristen) sei die Wirkung in der Schwebe (R.G.Z. LXIII S. 98). Nachträg- 
liche Erklärung sämtlicher Kollektioprokuristen gegenüber dem Dritten könnte aber 
den Mangel heilen (R.G. in J.W. 1911 S. 49120). Möglich sei allerdings, daß die 
Handlungen eines einzelnen Gesamtprokuristen auf Grund einer besonders erteilten 
Handlungsvollmacht aufrecht zu erhalten seien, dem Prinzipal sei es unbenommen, 
eine solche nach § 54, also auch durch konkludente Handlungen zu erteilen (O.L.G. 
Braunschweig in Z. XIL S. 449, R.G. bei Holdheim 1900 S. 277, 1905 S. 22, 
L. Z. 1912 S. 383), ja es würden die gesetzlichen Vollmachten der §§ 55, 56 für den- 
jenigen Gesamtprokuristen, der als Handelsreisender oder Angestellter tätig ist, Platz 
greisen. In neuerer Zeit hat das R.G. aber eine bedeutsame Schwenkung voll- 
zogen. Es erklärt die formlose, nach innen gerichtete Genehmigung eines der 
Gesamtvertreter zu dem einseitig von dem anderen Gesamtvertreter vorgenommenen 
Rechtsakt für genügend, vorausgesetzt, daß der einseitig Handelnde eine fertige rechts- 
geschäftliche Erklärung abgegeben hat und an dieser zur Zeit der Genehmigung 
noch festhält. Demgemäß erklärt es auch für zulässig, daß die Gesamtprokuristen 
an einen von ihnen Spezialvollmachten erteilen (R.G.3Z. LXXXI Nr. 76, Staub- 
Bondi Exkurs zu § 58, Anm. 15a, Düringer-Hachenburg Anm. 9P, 10, a. A. enze 
Auflage dieses Kommentars, Ritter S. 74, Anm. 6). — Dagegen ist durch B.G. B. 
1) Nicht objektiv beschränkt, sie kann deshalb nicht für einzelne Geschäfte er- 
teilt und es kann nicht angeordnet werden, daß die Zahl der Gesamtprokuristen 
für einen Teil der Geschäfte größer, für einen anderen geringer sein soll. 
Nr. 9. 
Nr. 10.
	        
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