Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 1. 
Nr. 2. 
Nr. 3. 
Nr. 4. 
198 I. Buch. Handelsstand. 5 54 (Nr. 1—4). 
Art Entw. 1 § 49, II § 53; Denkschr. 1 S. 51, II S. 8164, 3165; A.D. H.G.B. 
rt. 47. 
1. Vorbemerkung. 5 54 regelt den Umfang der Handlungsvollmacht. 
Handlungsvollmacht ist nicht jede Vollmacht zur Vornahme von Handelsgeschäften 
(so Aufl. 1 mit der überwiegenden Ansicht). Beide Begriffe decken sich nicht. § 54 
spricht nicht von der Vollmacht zu unerageschelte. sondern von der Vollmacht 
ur Vornahme von zu einem Handelsgewerbe gehörigen, d. h., wie sich aus dem 
din des § 54 ergibt, gewöhnlich bei einem derartigen Handelsgewerbe vorkommenden 
Geschäften, und aus § 87 ergibt sich, daß der Handlungsbevollmächtigte innerhalb 
des Gewerbes tätig sein muß. In einem Dienstvertragsverhältnis zum Chef braucht 
er jedoch ebensowenig zu stehen, als der Prokurist. 
2. Erfordernisse der Handlungsvollmacht. Hierüber gilt Folgendes: 
a) Die Handlungsvollmacht ist eine Vollmacht von Kaufleuten, aber nicht 
bloß von Vollkaufleuten. Auch Minderkaufleute können Handlungsvollmachten 
erteilen, gleichgültig ob speziellen oder generellen Inhalts, nur eingetragene Erwerbs- 
und Wirtschaftsgenossenschaften können nicht Generalhandlungsbevollmächtigte 
bestellen (R.G. von 1889 § 42 Abs. 2). 
b) Die Handlungsvollmacht ist eine Vollmacht zur Vornahme von Geschäften 
dieses Handelsgewerbes, und zwar kann sie dreifacher Art sein: sie kann sich auf die 
Vornahme aller Handelgeschäfte dieses Handelsgewerbes beziehen (Vollmacht zum 
Betriebe eines Handelsgewerbes, Generalhandlungsvollmacht), oder sie kann sich auf 
die Vornahme gewisser Arten von Geschäften dieses Handelsgewerbes beziehen 
(Spezial handlungsvollmacht), oder sie kann sich auf die Vornahme einzelner 
Geschäfte dieses Handelsgewerbes beziehen (Einzelhandlungsvollmacht). 
c) Der Bevollmächtigte muß innerhalb des Handelsgewerbes, wenn auch 
nicht notwendig auf Grund eines Dienstvertrages, tätig sein. Daher ist der 
Handlungsagent nicht Handlungsbevollmächtigter. 
3. Erteilung. Die Handlungsvollmacht braucht nicht notwendig vom Prinzipal 
persönlich erteilt zu werden, sie kann auch durch Bevollmächtigte desselben erteilt 
werden. 
a) Hinsichtlich der Fähigkeit des Prinzipals zur Erteilung gilt dasselbe 
wie beim Prokuristen (vgl. § 48 Nr. 3, 4). Erteilt sie der gesetzliche Vertreter einer 
physischen Person, so bedarf er dazu nicht der Zustimmung der Obervormundschaft, 
die Vertreter einer juristischen Person erteilen sie selbstverständlich mit Rechtswirkung 
nach außen, aber auch nach innen sind sie Mangels entgegenstehender Statuten- 
bestimmung in der Erteilung frei. 
b) Was die Erteilung durch Bevollmächtigte betrifft, so kann der Pro- 
kurist stets alle Arten von Handlungsvollmachten (jedoch nicht zur Veräußerung und 
Belastung von Grundstücken) erteilen, Gesamtprokuristen natürlich nur in gemein- 
samer Übereinstimmung. Ein Generalhandlungsbevollmächtigter kann Handlungsvoll- 
machten insoweit erteilen, als der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes die 
Erteilung solcher Vollmachten gewöhnlich mit sich bringt. Nur eine General- 
handlungsvollmacht kann er nie einseitig erteilen (5+ 58). Wie weit Spezialhand- 
lungsbevollmächtigte und Einzelhandlungsbevollmächtigte Handlungsvollmachten 
erteilen können, hän t von der Lage des Falles ab. Ihre ganze Handlungs. 
vollmacht können auch sie nicht übertragen (§8 58). 
b c) Auch im Auflösungsstadium können Handlungsbevollmächtigte bestellt 
werden. 
4. Fähigkeit zur Handlungsvollmacht. Hierüber gilt bürgerliches Recht 
(vgl. das bezüglich der Prokura Bemerkte bei §5 48 N. 6). Von dem Erfordernis, 
daß der Bevollmächtigte eine physische Person sei, wird man jedenfalls bei der 
Einzelhandlungsvollmacht absehen müssen (K.G. in O.L.G. Rspr. IV S. 466). Der 
Fall, daß sich der Vormund Generalhandlungsvollmacht für den minderjährigen 
Prinzipal erteilen läßt, wird nicht vorkommen, da bei eintretendem Bedürfnis durch- 
B. G.B. 5. 1825 geholfen ist. — Der Handlungsbevollmächtigte braucht keineswegs. 
Handlungsgehilfe zu sein, überhaupt nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum 
Vollmachtgeber zu stehen.
	        
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