Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 2. 
Nr. 3. 
Nr. 4. 
204 I. Buch. Handelsstand. 5P55 (Nr. 1—4). 
Plätzen, sofern sie Handlungsbevollmächtigte sind, wofür keine Rechtsvermutung 
spricht (Ritter Anm. 1), die Absätze 2, 3 des § 55 wichtige Sonderbestimmungen. 
2. Reisende an auswärtigen Plätzen (Fernreisende). Die Vollmacht solcher 
Reisender ist eine Spezialhandlungsvollmacht, die Verwendung des Bevollmächtigten 
erfolgt zum Zwecke des Abschlusses eines Kreises von Geschäften. Nicht darunter 
fallen also Bevollmächtigte, die nur zum Abschlusse eines oder einzelner Ge- 
schäfte verwendet werden. Daß die Handlungsbevollmächtigten in einem Dienstver- 
hältnis (Provisionsreisender) oder Abhängigkeitsverhältnis zum Prinzipal stehen, ist 
auch hier begrifflich nicht notwendig, aber es ist doch als Regel vorausgesetzt. 
Jedenfalls sällt der reisende Handlungsagent nicht unter § 55, wohl aber, was 
auf dasselbe hinausläuft, unter § 87. Der Handlungsreisende darf auch nicht 
Stadtreisender sein, d. h. nicht an Orten, an denen sich eine Niederlassung (sei 
es Haupt-, sei es Zweigniederlassung) des Prinzipals befindet, verwendet werden. 
Der Stadtreisende untersteht lediglich dem § 54. Wie weit er den Kaufpreis 
einziehen oder Zahlungsfristen bewilligen kann, ist aus dem Umfan seiner Voll- 
macht zu entnehmen (ein ihn dazu ermächtigender Berliner Handelsgebrauch besteht 
nicht, Apt 1 S.50). JIst er lediglich zum Stadtreisenden bestellt, so wird man ihm die 
Befugnis zu solchen Handlungen absprechen müssen, das Publikum hat sich in der- 
artigen wichtigen Rechtsakten direkt an die Niederlassung zu wenden. Anders mit 
den in Abs. 3 erwähnten Erklärungen. Diese werden auch dem Stadtreisenden 
gegenüber erfolgen können. Als Stadtreisender ist auch derjenige Handlungs- 
reisende zu betrachten, der in wirtschaftlich mit dem Hauptort eine Einheit bildenden 
Orten, z. B. Vororten, Verwendung findet (Apt lI S. 20, anders Brand 10). 
3. Umfang der Vollmacht. Die Reisenden gelten kraft des Gesetzes für er- 
mächtigt: 
a) Den Kaufpreis aus den von ihnen abgeschlossenen Verkäufen einzuziehen 
und dafür Zahlungsfristen zu bewilligen. Das bezieht sich nach dem Wortlaute 
des Gesetzes nur auf von ihnen kraft ihrer Vollmacht abgeschlossene Verkäufe. 
Ein Inkassomandat und das Recht der Stundung hinsichtlich des vom Prinzipal 
selbst oder von anderen abgeschlossenen Geschäftes haben sie nur dann, wenn dies 
aus der erteilten sposiellen oder generellen Vollmacht hervorgeht (R.G.Z. VI Nr. 21, 
anders z. T. das R.O. H.G. IV S. 298 ff., VI S. 403, XV S. 407, das diese 
Frage als eine unter §5 54 fallende behandelte, anders auch Burchard in 3. UXAI 
S. 404, der das Wort „ihnen“ auf die Reisenden überhaupt bezieht). Gleichgültig 
ist, ob die Eingiehung des Kaufpreises bezw. die Stundung beim Abschluß oder 
nachträglich (R.O. H. G. IX Nr. 31) erfolgt. Doch darf auch hier die Grenze des 
Gewöhnlichen nicht überschritten werden. Die Einziehung des Kaufpreises hat 
daher regelmäßig durch Barzahlung oder durch im Leben überhaupt oder wenigstens 
nach dem betreffenden Geschäftskreise der Barzahlung gleichkommende datio in 
solutum zu geschehen, dagegen nicht durch Annahme von Wechseln oder Hypo- 
thekenposten (O. L. G. Hamburg in H.G.Z. V 1884 S. 248) an Zahlungsstatt. 
Adler-Clemens Nr. 437, vgl. K.G. in Veröffentl. des Vers. Aufs. Amts VIII 
Nr. 485). Annahme Zahlungshalber ist gestattet. Mit eigenen Forderungen gegen 
den Käufer aufrechnen darf er natürlich nicht (Seuffert XXXV Nr. 51, R.G.Str. 
in D.J. J. 06 S. 431), andererseits darf der Handlungsreisende Begleitgeschäfte 
vornehmen, die die Einziehung des Kaufpreises gewöhnlich mit sich bringt, z. B. 
geringe Abzüge (Warenskonto) bewilligen, während die Bewilligung größerer Nach- 
lässe oder ganzer Erlasse, wie Stundung für eine ungewöhnlich lange Zeit nicht 
unter die gesetzliche Vollmacht fallen (R.O. H. G. VII Nr. 31, Adler-Clemens 
Nr. 1117, Allfeld S. 290, 291. Material bei Apt I S. 516, II S. 186; D ove- 
Meyerstein Nr. 35, 36, Riesenfeld 1 Nr. 15ff., II Nr. 5, 6; Zander bei Hold- 
heim 1906 S. 21 Nr. 6, 7). 
b) Die Anzeige von Mängeln einer Ware, insbesondere nach §& 377 die 
Stellung der Ware zur Disposition und ähnliche Erklärungen (z. B. die Anzeige 
5§ 375, 376, der Abruf!) können dem anwesenden Reisenden gegenüber abgegeben 
1) Androhungen nach § 373, Festsetzungen nach B.G.B. § 326, Mahnungen; 
dagegen Wandlungs, und Minderungserklärungen, Rücktrittserklärungen, Anfech- 
tungen wohl nicht (für letztere vgl. O. L. G. Colmar im Recht 07 S. 519 Nr. 1079).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.