Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5 56 (Nr. 3—4), 5 57. 5. Abschnitt. Prokura und Handlungsvollmacht. 207 
außerhalb desselben geschehen, letztere, die Empfangnahme, selbst dann nicht außer- 
halb, wenn der Verkauf im Laden stattgefunden hatte (v. Hahn 55 zu Art. 50). 
Doch wird dies nicht allzu wörtlich zu nehmen sein. Empfangnahme vor der Tür 
des Ladens während der Geschäftszeit ist im Laden erfolgt (wie mit telephonischen 
Erklärungen? bejaht vom L.G. Berlin in Z. XL S. 450, vgl. darüber oben § 54 
Nr. 7). Verkauf bezw. Empfangnahme müssen ferner mit dem Ladengeschäft bezw. 
dem Betrieb des Warenlagers einen inneren Zusammenhang haben. So ist z. B. 
der im Antiquariatsladen Angestellte nicht zur Empfangnahme aus dem Verlags- 
betrieb ermächtigt. Die Empfangnahme bezieht sich nicht bloß auf Geschäfte, die 
der Betreffende selbst abgeschlossen hatte, so kann er die zur Begleichung der 
Quartals- oder Jahresrechnung bezahlten Summen, die vom Frachtführer ein- 
elieferten Sendungen nach Lage des Falles entgegennehmen. 1) Nur diejenigen 
Verkäufe und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager 
kwöynlich geschehen, darf er entgegennehmen. Mit dem Worte „derartig“ wird 
ie Raumteilung seitens des Prinzipals gekennzeichnet. Dient ein Lokal zu allen 
Zwecken des Verkehrs mit dem Publikum, so kann er alle Verkäufe und Empfang- 
nahmen, die gewöhnlich sind, vornehmen, ist geschieden zwischen Verkaufs= und 
Empfangsräumen, so darf er, soweit nicht ein anderes ortsüblich ist (v. Hahn 86 
1 rt. 50) im ersteren nur verkaufen, im letzteren nur empfangen. Wird bei Ver- 
aufsräumen wieder geschieden zwischen Räumen für den Verkauf dieser und solchen 
für den Verkauf jener Waren (Apotheker- und Drogeriewaren), so darf er nur die 
auf die betreffenden Waren bezüglichen Verkäufe vornehmen. — Nur die gewöhn- 
lichen Geschäfte darf er vornehmen, dient demnach das Geschäft wie gewöhnlich 
dem Detailverkauf, so darf er nicht en gros verkaufen (Adler-Clemens Nr. 956). 
Dagegen ist nicht notwendig, daß die verkauften Stücke im Laden vorhanden sind 
(v. Hahn §7 zu Art. 50). Seine Ermächtigung wird sich auch erstrecken auf Ge- 
schäfte, die die Vornahme derartiger Verkäufe gewöhnlich mit sich bringt, z. B. 
Umtausch der verkauften Waren, Entgegennahme von Reklamationen und Dis- 
positionen (Ritter Anm. 1). 
4. Einschränkung der Vollmacht. Eine Einschränkung der gesetzlichen Voll- 
macht ist natürlich zulässig, doch braucht solche ein Dritter nur dann gegen sich 
elten zu lassen, wenn er sie kennt oder kennen muß. Vgl. darüber bei & 54. Be- 
anntmachungen mittelst Zeitungen werden hier von zweifelhaftem Wert sein (All- 
feld S. 297), eher wird Aushang im Geschäftslokal an sichtbarer Stelle genügen. 
Wie weit die Kundmachung des Peinzipa 8 eine Einschränkung der Vollmacht oder 
nur einen Hinweis auf Geschäftsprinzipien, von denen der Angestellte abweichen 
darf, darstellt, ist Tatfrage. So wird in dem Anschlag, man solle an der Kasse 
zhlen eine wirkliche Einschränkung der Vollmacht zu erblicken lein, während der 
ermerk „feste Preise“ ebensowenig wie der Anschlag eines Preiskurantes die Voll- 
macht zur Bewilligung niedrigerer Preise ausschließt (Allfeld S. 297). Auch die 
bloße sichtbare Einrichtung einer Kasse ist noch keine genügende Einschränkung. — 
Entfernt der Angestellte den Anschlag, so trifft der Nachteil den Prinzipal (I. 11 
§ 4 D. 14, 3). Umgekehrt kann der Prinzipal die Vollmacht erweitern, z. B. die 
Empfangnahme von Waren dulden, wo nach Lage des Falls (in einem derartigen 
Laden) nur eine Vollmacht zum Verkauf gegeben war. In diesen Beziehungen gilt 
das zu § 54 Erörterte. 
5. Das ältere Recht stimmte überein (Art.- 50). 
  
8 57. 
Der Handlungsbevollmächtigte hat sich bei der Zeichnung jedes eine 
Prokura andeutenden Zusatzes zu enthalten; er hat mit einem das Voll— 
machtsverhältnis ausdrückenden Zusatze zu zeichnen. 
1) Darf er auch dem Verkäufer, dessen Waren er entgegennimmt, von Mängeln 
nach § 377 Anzeige erstatten? Auch dies ist wohl zu bejahen. Hanausek, Haftung 
des Verkäufers II S. 7. 
Nr. 4.
	        
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