Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

§5 61 (Nr. 4—8). 6. Abschnitt. Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge. 225 
Nettogewinnes verlangen. Zur Durchführung seines Eintrittrechts kann er Rech- 
nungslegung beanspruchen (Behrend § 45 Anm. 50, Bolze VIII Nr. 543, 
vgl. O. L.G. Hamburg in O.L.G. Rspr. XVI S. 90). Eine Provision für seine Mühe 
kann der Gehilfe auch dann nicht beanspruchen, wenn er Kaufmann ist. 
b) Ist es für fremde Rechnung geschlossen, so ist der Prinzipal nur berechtigt, 
die geleistete Vergütung (Provision) oder die Abtretung des Anspruches auf die 
nicht geleistete Provision zu verlangen. In das Geschäft selbst kann er nicht ein- 
treten. 
c) Das Eintrittsrecht zessiert, wenn der Gehilfe als Mitglied einer offenen 
Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft für diese kontrahiert, weil hier die 
Geschäfte von der Gesellschaft geschlossen werden (so auch R.G.Z. LXXIII Nr. 105, 
R.G. in Seuffert LIXVI Nr. 102 = Warneyer 1910 Nr. 462). 
5. Verjährung. Die dreimonatliche Verjährung der Ersatz= und Eintritts= Nr. 5. 
ansprüche läuft für jedes Geschäft gesondert und zwar von dem Tage der Kenntnis 
des Abschlusses seitens des Prinkipals (die Einzelheiten braucht der Prinzipal nicht 
zu kennen O.L.G. Hamburg in O.L.G. Rspr. VII S. 149), die Kenntnis des Pro- 
kuristen genügt nicht, wohl aber die des vertretenden Gesellschafters. Die fünf.- 
jährige Verjährung läuft vom Tage des Geschäftsabschlusses. Es handelt sich um 
eine wahre Verjährung, nicht um eine Ausschlußfrist Die Verjährung zerstört 
beide Ansprüche nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts (F.G.. §5§ 222, 223), 
aber immer nur hinsichtlich des einzelnen Geschäfts. Ein besonders stipulierter 
Anspruch auf Vertragsstrafe unterliegt allgemeiner Verjährung (O.L.G. Dresden 
in Seuffert LXVII Nr. 61). 
6. Weitere Folgen. Die Verletzung der Verpflichtung bildet regelmäßig einen Nr. 6. 
Kündi ungsgrund für den Prinzipal nach § 72 Nr. 1. Der Prinzipal hat ferner 
die Feststellungsklage aus Z. P.O. § 256 und eine Klage auf zukünftige Unterlassung 
der von § 60 umschriebenen Tätigkeit, bei Betrieb eines Handelsgewerbes auf Ein- 
stellung desselben und Löschung der Konkurrenzfirma, bei Teilnahme eines Gehilfen 
an einer offenen Handelsgesellschaft auf Austritt (R.O. H. G. XIX S. 137, Z. P.O. 
890). Auch die Unterlassungsklage unterliegt nach der Ansicht des R.G. der 
erjährung des § 61 Abs. 2 (R.G. 8. LXIII Nr. 62), was bedenklich ist, da sich 
dann nur durch rechtzeitige Erhebung der Unterlassungsklage der Prinzipal die 
Möglichkeit sichert, für später Ersatz= und Eintrittsansprüche geltend zu machen. 
Denn, wenn der Unterlassungsanspruch verjährt ist, ist der Betrieb von Konkurrenz- 
geschäften im Umfang des verjährten Unterlassungsanspruches erlaubt. 
7. Die Bestimmung des § 61 ist nicht zwingend. Der Vertrag kann sie ab. Nr. 7. 
ändern, insbesondere an Stelle der elektiven Berechtigung kumulative setzen, eine 
Vertragsstrafe stipulieren u. dgl. 
8. Alteres Recht. Das ältere Recht gewährte dem Prinzipal sowohl den Nr. 8. 
Eintritt wie den Schadensersatz (Art. 59, 56 Abs. 3) und unterwarf die Ansprüche 
des Prinzipals der gewöhnlichen Verjährung. Die Doppelung der Ansprüche bleibt 
dem Prinzipal denn auch, soweit nach dem im § 60 Nr. 8 Vorgetragenen das 
ältere Recht Anwendung findet. Hinsichtlich der Verjährung ist zu unterscheiden: 
a) Hatte die Verjährung eines Anspruches des Prinzipals vor dem 1. Jan. 
1898 begonnen und war sie am 1. Januar 1898 noch nicht vollendet, so regelte sie 
sich bis zum 31. Dez. 1899 hinsichtlich der Hemmung und Unterbrechung weiter 
nach dem maßgebenden Landesrecht. Hinsichtlich der Dauer entschieden bis zum 
31. Dez. 1899 die Grundsätze der Wissenschaft, die als mit Art. 169 des E.B. G. B. 
wohl sich deckend bezeichnet werden können. Das Landesrecht wird man nicht ent- 
scheiden lassen können, da die zeitliche Anwendbarkeit neuen Reichsrechts sich nicht 
nach den Grundsätzen, die das Landesrecht über die Rückwirkung aufstellt, richtet 
(ogl. K. Lehmann in 3. XXXXVIII S. 11 Anm. 26). Vom 1. Jan. 1900 ab 
greift natürlich Art. 169 d. E.B. G. B. Platz. 
b) Begann die Verjährung eines Anspruches des Prinzipals, gleichgültig 
ob er auf dem alten oder neuen Recht beruht, gleichgültig ob er aus der Zeit des 
alten oder neuen Rechts herstammt, nach dem 1. Jan. 1898, so beherrscht ihre 
Dauer § 61 Abs. 2, weil das neue Gesetz über die Verjährung sofort allgemein 
anzuwenden ist, dagegen regelte sich Hemmung und Unterbrechung bis zum 31. Dez. 
1899 nach altem Recht, von da ab nach dem B. G. B. 
Lehmann= Ring, Handelsgesetzbuch. I. 2. Aufl. 15
	        
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