Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 3. 
Nr. 4. 
4 J. Buch. Handelsstand. 5 1 (Nr. 2—4). 
Welches Gewerbe ein Handelsgewerbe ist, setzt das Gesetzbuch selbst fest. Den 
Begriff des Gewerbes (Gewerbebetriebes, gewerblichen Unternehmens setzt es voraus. 
Dieser Begriff darf nicht aus der Gewerbeordnung entnommen werden, weil er sich 
mit dem dort aufgestellten nicht ganz deckt. So unterfallen Auute nach §5 29 G.O. 
der gewerblichen Approbation, während sie im Sinne des H. G.B. gewöhnlich nicht 
Gewerbetreibende sind (unten Nr. 6). Auf der anderen Seite ist Land- und Forst- 
wirtschaft im Sinne der G.O. kein Gewerbe, während § 5 auch auf versehentlich 
eingetragene Landwirte zu erstrecken sein wird. 
Unter Gewerbe ist ein primär auf Erzielung eines Einkommens 
gerichteter und sich als solcher offenbarender Inbegriff von Tätigkeiten 
zu verstehen (Goldschmidt, Hdb. § 43, Cosack § 70. Es muß sich somit handeln: 
a) Um einen Inbegriff (Komplex) von Tätigkeiten. Den Gegensatz bilden 
gelegentliche Tätigkeiten (R.O. H. G. XIV S. 118, III S. 407), selbst wenn deren 
Sohl eine nicht geringe ist, (häufiges Spekulieren, häufiges Botengehen, Trans- 
portieren, Bolze II Nr. 712, X.G:#. XXXVIII S. 18f., LXVI S. 51), weil es an 
dem einheitlichen Gewerbswillen fehlt. Das Gewerbe wird regelmäßig auf die 
Dauer berechnet sein, doch ist ein nur für kurze Zeit, z. B. die Dauer einer Aus- 
stellung, einer Badesaison, eines Kongresses berechnetes Gewerbe nicht ausgeschlossen. 
Und begrifflich ganz unerheblich ist die tatsächliche Dauer. Es kann sogar das 
den Gewerbebetrieb eröffnende Geschäft das einzige sein, weil der Gewerbetreibende 
sofort stirbt. Die Tätigkeiten können regelmäßig und unregelmäßig wiederkehrende, 
(z. B. beim Pächter einer Eisbahn) sein, sofern es sich nur um einen Inbegriff von 
Tätigkeiten handelt. Sie können tatsächliche und rechtsgeschäftliche sein, doch kommen 
für das Handelsgewerbe vorwiegend die letzteren in Betracht. Sie können gleich- 
artige und im einzelnen verschiedene sein, nur müssen sie durch einen gemeinsamen 
Gewerbsgedanken zusammengehalten werden. Das Gewerbe eines Kaufmanns kann 
danach zum Gegenstand haben Umsatz von Waren bestimmter Art oder von Waren 
aller Art oder auch Bankgeschäfte oder alle kaufmännischen Tätigkeiten, sofern 
nur klar ist, daß der Inbegriff von Tätigkeiten sie alle unmittelbar (nicht einzelne 
als bloße Hilfstätigkeiten) umfassen soll. Das Gewerbe bleibt auch das gleiche, 
wenn die Art der Tätigkeiten sich im Laufe der Zeiten ändert (Anderung der Branche 
ist noch nicht Aufgabe des Gewerbes, was für die Firma wichtig ist). 
b) Der Inbegriff von Tätigkeiten muß auf Erielunf eines Einkommens. 
auf Erwerb gerichtet sein. Wo jede Erwerbsabsicht fehlt, ist kein Gewerbe vor- 
handen. Kein Gewerbe betreibt, wer unentgeltlich seine Tätigkeit politischen oder 
wissenschaftlichen Zwecken widmet, oder wer nur die Kosten seines Unternehmens 
herausschlagen will (ogl. Adler-Clemens Nr. 1726. Offentliche Sparkassen ebendas. 
Nr. 117, 1369, 1823; LG. Konstanz bei Sobernheim S. 175); doch muß bei der 
Sparkasse jede Gewinnabsicht fehlen, will sie zugleich Gewinn erzielen, so ist sie Kauf- 
mann und zwar Bankier. Adler-Clemens Nr. 388, 477, vgl. Busch XVIII, S. 124. 
KG. in Johow-Ring XXXIII A 110; L.G. Schwerin in Meckl. Z. f. Rpfl. XXIV 
S. 348; L.G. Hamburg bei Sobernheim S. 55; O.L.G. Jena in Entsch. F.G. II S. 23 
-— Joh.-R. XXI D 13). Kein Gewerbe betreiben eine Landschaft, ein ritterschaftliches 
Kreditinstitut, Offizier--Kasinos, gesellige „Societäten“", Rabatt- und Handelsschutz- 
verbände (R.G.Z. LXXIII S. 111, KG. in Johow-Ring XXI A 75) Kantinen, (val. 
Bad. Verw. Ger H. bei Neumann Jahrb. III 2 S. 1), Konsum= und Lebensmittel- 
vereine, ein Vorschuß-Verein, sofern sie nur für ihre Mitglieder und um der Sicherung, 
nicht der Spekulation ihrer Mitglieder willen tätig sind (R.O. H. G. V S. 210, K.G. 
in Entsch. F.G. 11 S. 19 Johow-Ring XXI A75S = O.L. G. Rspr. II S. 122, K.G. 
in O. L. G. Rspr. XII S. 413ff., in Entsch. FG. XI S. 200, O. L.G. Naumburg bei 
Sobernheim S. ö3). Derartige Vereine brauchen noch nicht ideale Vereine zu sein, sie 
können einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne vom B. G.B. F§ 22 bezwecken 
vgl. R.G. in IJ.W. 1914 Nr. 1), brauchen darum aber noch kein Gewerbe zu 
betreiben (a. A. Silberschmidt bei Holdheim 1907 S. 214). Die Verfolgung 
idealer neben gewinnerstrebenden Zwecken schließt den Begriff des Gewerbes nicht aus 
(O.L.G. Jena in Entsch. F.G. 1I S. 23 = Johow-Ring 21 D 13, K.G. in Entsch. 
F.G. 1I S. 176, K.G. in Johow= Ring XXXIII A 109, XILI S. 118). Es wird, wie 
das K.G. richtig bemerkt, darauf ankommen, ob neben dem idealen Zweck rein 
äußerlich ein gewerblicher stattfindet oder ob der gewerbliche Betrieb nur innerhalb 
des idealen Gesamtzweckes und zur unmittelbaren Förderung des letzteren geschieht. 
 
	        
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