Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

& 70 (Nr. 6—8). 6. Abschnitt. Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge. 243 
läßt (B.G.B. 5§ 615), ja sogar, was er schuldhafter Weise zu verdienen unterließ, 
wird ihm nach B. G. B. 5 254 Abs. 2 anzurechnen sein. Die Beweislast hinsichtlich 
dieser Punkte trägt der Prinzipal (R.O. H. G. XVII S. 221, R.G.3. XXXVIII 
S. 119). Möglicherweise ist der Schaden des Gehilfen aber ein größerer, als oben 
berechnet ist (Bolze XVI Nr. 381). . 
Der Prinzipal kann allen Schaden ersetzt verlangen, den er dadurch er— 
leidet, daß er den Gehilfen entlassen mußte. Dieser wird verschieden groß sein, je 
nach der Konjunktur der Geschäfte, der Arbeitskraft des Gehilfen, der Möglichkeit, 
einen Ersatzmann zu finden. Läßt sich ein Ersatzmann nach Lage der Dinge nur 
egen größeren Gehalt finden, so ist die Differenz dem Prinzipal zu ersetzen. Auch 
gise ist der Schaden nur für die Zeit zu ersetzen, für die regelmäßig das Vertrags- 
verhältnis angedauert hätte. 
Hat jeder gegenüber dem anderen vertragswidrig gehandelt, so greift § 254 
B. G B. Platz. 
4. Erfolgt die Kündigung ungerechtfertigt, so kann der Teil, dem ge- 
kündigt ist, auf Leistung klagen, der Gehilfe also auf alles das, was er bei Fort- 
bestand des Vertrages zu er alten hat, demnach bei freier Station auf Fortsetzung, 
ev. angemessene Vergütung für die entgangenen Bezüge. Nur muß er sich nach 
B. G.B. § 615 den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er in folge des Unter- 
bleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweite Verwendung seiner 
Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt. Dabei kommen nur die 
Dienste in Frage, die er dem Peinzipal widmen mußte (R. G. S. LVIII Nr. 102, 
O. L. G. Karlsruhe in D.J.Z. 1900 S. 364). Der Beweis liegt dem Prinzipal ob 
(R.G. in Seuffert LXI Nr. 79). Gleichgültig ist, ob er es erwirbt als Ange- 
stellter oder durch eigene Etablierung. Immer aber müssen Dienste verwendet sein. 
Nicht fällt also darunter die Versicherungssumme bei Stellenlosigkeitsversicherung 
(Horrwitz S. 71) oder die von Verwandten etwa gewährte Unterkunst. Da die 
ungerechtfertigte Kündigung wie nicht geschehen anzusehen ist, kann sie der 
Prinipal auch zurücknehmen und dem Gehilfen wieder seine alte Stellung anbieten, 
die dieser dann annehmen muß, es sei denn, daß der Gehilfe auf die ungerecht- 
fertigte Kündigung hin selbst kündigen kann, was nach Lage der Falles möglich ist. 
— Der Prinzipal kann auf Leistung der Dienste klagen. Uber die Vollstreckung 
22. §§5 887, 888 Abs. 2 und Kaufm. . Gesetz 5 16 (oben §5 59 Nr. 9), über den 
chadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung B.G.B. § 283. Auf bloße Unter- 
lassung der Dienstleistung an jeden anderen hat er aus dem Dienstvertrag keinen 
Anspruch (R.G.Z. LXXII S. 393ff.). Vielmehr bedürfte es besonderer Verein- 
barung, durch die der Gehilfe die Verpflichtung übernähme, sich der Dienstleistung 
an andere in bestimmtem Umfange zu enthalten oder es müßte der besondere Fall 
des § 60 vorliegen (R.G. in L.L. 1911, S. 542). — Der Prinzipal kann aber auch 
die Dienstweig erung des Gehilfen als Kündigungsgrund seinerseits benutzten 
und den Vertrag damit aufheben (ogl. hierzu Reinhard a. a. O. S. 41ff.). 
5. Anfechtung. Von der Kündigung aus den §§5 70—72 zu scheiden ist die 
Anfechtung wegen Irrtums (zumal über Eigenschaften des Handlungsgehilsen, 
B. G. B. 5 118 Abs. 1, R. G. Z. VII S. 78, 3. VIII S. 171, vgl. R.G. in Seuffert 
LXI Nr. 42, O. L. G. Dresden im Recht 03, S. 504 Nr. 2530, O. L.G. Hamburg in 
H.G. Z. 03 Hptbl. S. 13, Apt III S. 15) oder arglistiger Täuschung (R.G. 3. XII 
S. 103 aus B. G. B. S§ 119, 123), wenngleich ein Anfechtungsgrund u. U. auch 
Kündigungsgrund sein kann (oben Nr. 3). Der rechtswirksam angefochtene Vertrag 
ist als von Anfang an nichtig anzusehen, der gezahlte Gehalt ist zu kondizieren, 
die geleisteten Dienste find entspr. § 818 Abs. 2 B.-G. B. zu 7 Ebensowenig 
  
hat mit der Kündigung zu tun die Geltendmachung der Nichtigkeit, z. B. weil 
der Vertrag gegen das Gesetz verstößt (B.G.B. 5 134). Der Rücktritt aus B.G. B. 
5 326 ist durch die spezielle Regelung ausgeschlossen (R.G.S. LXIV S. 384, War- 
neyer 1912 Nr. 16). 
Auch eine Klage auf Feststellung, daß der Kläger zur Entlassung, bez. zum 
Austritt berechtigt sei, ist nach allgemeinen Grundsätzen zulässig. Nur rechtfertigt 
der Wunsch einer Entscheidung der allgemeinen Rechtsfrage die Feststellungsklage 
noch nicht. Andererseits ist es aber zu weit egan en, wenn das R. G. verlangt, 
daß die Entlassung, bez. der Austritt bereits * gt sei (R.G. in J.W. 02, S. 6057). 
16“ 
Nr. 7. 
Nr. 8.
	        
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