Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 2. 
252 I. Buch. Handelsstand. §5 73 (Nr. 1—2). 
Der Antrag, eine zeitliche Grenze (6 Monate) zu setzen, wurde abgelehnt. Aus 
welchem Grunde die Beendigung erfolgt, ist gleichgultig. Nur muß das Verhältnis 
wirklich beendet werden. Das bloße, eigenmächtige Verlassen des Dienstes berechtigt 
den Gehilfen nicht, das Zeugnis zu verlangen, der Prinzipal kann es ihm 
bis zu dem Zeitpunkt, wo er bei rechtmäßiger Beendigung Lur Ausstellung, gehalten 
wäre, verweigern (vgl. Apt I S. 25, a. A. Möllmann S. 34, Fuld S. 53 und 
Staub-Bondi §5 73 Anm. 1). uUmgekehrt darf der Gehilfe es nicht nachträglich 
zu einer Zeit fordern, die so entfernt liegt, daß dem Herrn die Erinnerung an die 
zu bezeugenden Tatsachen geschwunden ist (Hilse in Holdheim 05 S. 209, K. G. 
in O. L. G. Rspr. XXII S. 304). Im übrigen besteht keine Beschränkung in der Zeit 
der Nachforderung, abgesehen von der 30jährigen Verjährung, die zu laufen beginnt 
von dem Zeitpunkt, an dem der Gehilfe das Zeugnis verlangen konnte. — Dagegen 
hat, falls die Voraussetzungen des § 73 vorliegen, der Prinzipal nicht etwa ein 
Zurückbehaltungsrecht am Zeugnis wegen Kontraktswidrigkeiten des Gehilfen (val. 
Fuld S. 56), § 320 B.G.B. trifft überhaupt nicht zu und § 273 deshalb nicht, 
weil sich aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt. 
Das Zeugnis, welches mehr als eine Quittung im Sinne vom B. G. B. F 368 
ist, andererseits nicht eine Zeugenaussage vor der Behörde darstellt, muß ein schrift- 
liches sein. Es braucht nur in einem Exemplar ausgestellt zu werden. Uber die 
Form B. G.B. 9 126. Zur Ausstellung ist neben dem Herrn der Prokurist berech- 
tigt (O.L. G. Hamburg in O.L.G. Rspr. III S. 410), ob auch der Handlungsbevoll- 
mächtigte, regelt sich nach § 54 H.G.B., doch wird der Gehilfe auch ein direktes 
Zeugnis des Herrn verlangen dürfen. Ist der Herr gestorben, so sind die Erben 
zur Ausstellung verpflichtet, soweit ihre Wissenschaft reicht. Bei juristischen Personen 
stellt das Zeugnis ein Vorstandsmitglied aus. Aufgedrängt werden kann dem 
Gehilfen das Zeugnis nicht (R.G. in J W. 1897, S. 350). Hat er es verlangt, so 
kann er vor Ausstellung das Verlangen noch zurückziehen. Der Aussteller darf das 
Zeugnis ohne weitergehendes Verlangen des Gehilfen nur auf Art und (tatsächliche) 
Dauer der Beschäftigung, welche genügend zu spezialisieren sind (Buchhalter, Kassierer, 
Filialleiter, Provinzreisender, dazu Dove-Meyerstein Nr. 66) erstrecken. Der Gehilfe 
kann Erstreckung auf Führung (d. h. Gesamtführung) oder Leistung im Dienst oder 
beides verlangen (K.G. bei Holdheim 03, S. 177, O. L.G. Dresden im Recht 08 
Nr. 2804 = O. L.G. Rspr. XVII S. 414, O. L. G. Hamburg in Seuffert LXIX Nr. 37). 
Der Begriff der Führung und Leistung hat an sich nichts mit dem Erfolge zu tun. 
Es besteht auf keiner Seite Recht oder Pflicht auf Bezeugung des Erfolges (an- 
ders O. L.G. Hamburg in O.L.G. Rspr. V S. 269 ff., O. L.G. Dresden ebenda XVII 
S. 415). Der Angabe des Beendigungsgrundes bedarf es nur da, wo dieser für 
die Führung oder Leistungen entscheidend ist, solchenfalls ist dann aber auf Er- 
fordern des Gehilfen der iin bildende tatsächliche Vorgang anzugeben (Apt I S. 23). 
Selbstverständlich ist auch hier untersagt, das Zeugnis mit geheimen Merkmalen zu 
versehen, welche den Zweck haben, den Gehilfen in bestimmter Weise zu kennzeichnen 
(vgl. G. O. § 113 Abs. 3, Komm.Ber. S. 3887) oder das Urteil auf Verhältnisse a 
erstrecken, die nichts mit dem Dienst zu tun haben (O.L.G. Dresden in O.-#.G. 
Rspr. XIII S. 423), z. B. auf politische Gesinnung. — Dieses Zeugnis darf der 
Herr auch dann nicht verweigern, wenn er bei einzelnen Beschäftigungsarten unzu- 
frieden war. — Für den Inhalt des Zeugnisses haftet der Herr Dritten gegen- 
über nur nach den Grundsätzen der Empfehlung, insbes. aus § 826 B. G.B. 
(R.G.3. LXXVI Nr. 80, J. W. 05 S. 3698 = Seuffert LXI Nr. 109) nicht schlecht- 
hin aus der Tatsache der wahrheitswidrigen Ausstellung Dus ech XLVII S. 64). 
— Der Gehilfe selbst kann, wenn die tatsächlichen Angaben des Zeugnisses der 
Wahrheit widersprechen, Derichtigung in einer ihn nicht schädigenden Form (ogl. 
O. L.G. Dresden im Recht 01 S. 472 Nr. 1971, ist z. B. der Herr verurteilt 
worden, es zu bewilligen, so darf er bei der Bewilligung nicht auf das Urteil 
verweisen, Jahrb. des Kaufm.G. Berlin III S. 201) beanspruchen (K.G. in 
O. L. G. Rspr. IX S. 252, O.L.G. Dresden ebenda XII S. 421, nicht zutreffend, 
O. L.G. Marienwerder in O.L.G. Rspr. XXIV S. 123), umgekehrt der Herr, der eine 
Unrichtigkeit nachträglich entdeckt, dem Gehilfen die Berichtigung zustellen und von 
ihm beanspruchen, daß er sie Dritten nicht vorenthält. § 121 B.G. B. hierauf anzu- 
wenden, wird nicht angängig sein, da es sich nicht um eine Willenserklärung handelt. 
Verliert der Gehilfe das Schemis, so wird er ein neues verlangen können.
	        
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