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256 I. Buch. Handelsstand. 5 74 (Vorbem. Nr. 5—8).
Der Reichstag trat am 10. Januar 1913 in die erste Beratung des Ent-
wurfes, welche er am 11. Januar 1913 fortsetzte (87. und 88. Sitzung). Der Ent-
wurf I wurde einer Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen. Die Kommission
trat am 14. Januar 1913 zusammen. Die sehr eingehende erste Kommissionsberatung
führte zu einer großen Zahl von Abänderungen des Entwurfes, zum Teil in grund-
legenden Fragen (die Beschlüsse der ersten Kommission sind abgedruckt im Komm.
Ber. S. 108 ff.). Zu diesen Abänderungen nahm die Reichsregierung Stellung
durch Ausarbeitung eines zweiten Entwurfes (Komm. Ber. S. 118 ff.), welcher in
einer Reihe von Punkten den Abänderungsvorschlägen entgegenkam, insbesondere
den Höchstzeitraum auf 2 Jahre reduzierte, für Gehilfen, die weniger als 1500
Mark Gehalt bezogen, die Wettbewerbklausel gänzlich verbot, die bedenklichste der
Ausnahmen von der Entschädigungspflicht (sog. kleine Konkurrenzklausel) fallen
ließ und schärfer das Prinzip betonte, daß nur zum Schutze eines berechtigten ge-
schäftlichen Interesses des Prinzipals die Klausel gestattet sei — in anderen Pane#en
dagegen am alten Standpunkt festhielt. Dieser Entw. II lag der zweiten Kom-
missionsberatung zugrunde, welche zu einer Anzahl von Abänderungen der Be-
schlüsse erster Lesung führte. Der Kommissionsentwurf der zweiten Lesung (abgedr.
Komm. Ber. S. 109ff.) näherte sich dem Entw. II der Reichsregierung mehr, unter-
schied sich aber doch in gewissen wichtigen Punkten von ihm, insbesondere mit
Bezug auf die Höhe der dem Gehilfen für die Karenz zu leistenden Entschädigung,
auf den Mindestgehalt, von dem ab die Klausel zulässig sein dürfe (1800 statt 1500
Mark), und au die Frage, ob bei bezahlter Karenz der Herr im Falle des Straf-
gedinges beschränkt sein sollte auf die verwirkte Strafe.
Der an das Plenum gelangte Kommissionsentwurf zweiter Lesung wurde
in den Sitzungen vom 27. März, 4., 5. Mai und 19. Mai beraten. Der Reichs-
tag beschloß, da die Reichsregierung erklärte, an zwei Punkten ihres Entwurfes
unter allen Umständen festhalten zu müssen (1500 Mark als Mindestgehalt für die
Zulässigkeit der Klausel und Rückkehr zu § 340 B.G.B. bei vereinbartem Straf-
gedinge unter Voraussetzung bezahlter Karenz), den Regierungsentwurf hier wieder
erzußellen, während die Reichsregierung hinsichtlich der Höhe der Entschädigun
ihrerseits die Kommissionsbeschlüsse akzeptierte. — Als Zeitpunkt des Inkrafttreten
des Gesetzes wurde der 1. Januar 1915 festgesetzt. Die Sanktion durch den Bundes-
rat erfolgte am 26. Mai 1914, die Promulgation durch den Kaiser am 10 6..1914.
Das neue Gesetz besteht aus 3 Artikeln, von denen Artikel 1 die Abänderungen
gegenüber den bisherigen §§8 74, 75, 76 Abs. 1 H. G. B. bringt, Art. 2 hinter den
§* 82 H.-G. B. eine auf Volontäre bezügliche Vorschrift einfügt, und Art. 3 den Zeit-
punkt des Inkrafttretens, sowie die Frage der zeitlichen Anwendbarkeit des neuen
Rechts regelt. Für die Kommentierung wird Art. 3 vor §5 76, Art. 2 hinter § 82
zu lozieren sein.
Die Zahl der durch Art. 1 an Stelle der 88 74, 75 gesetzten Paragraphen beträgt
11 (gegenüber 10 des Entw. 1). An Stelle des bisherigen § 74 treten vier Paragraphen.
55 74—74, an Stelle des bisherigen § 75 sieben Paragraphen Ss 75—75 f. Doch
entspricht die Reihenfolge nicht immer dem Gedankengang des biöherigen Rechts.
So hätte § 75b besser unter die Abänderungen von § 74 loziert werden sollen. —
Die Punkte, in denen das neue RTecht gegenüberdem alten Anderungen
enthält, hat in der 248. Sitzung des Reichstages vom 4. Mai 1914 der Abg.
Trimborn hauptsächlich zusammengestellt. Unter Hinzurechnung der weiteren Be-
schlüsse ergeben sich folgende wichtige Anderungen:
1. § 74 der u. F. verlangt schriftliche Form der Vereinbarung und Aus-
händigung der Urkunde an den Gehilfen.
2. 5 74 Abs. 2 der u. F. führt die bezahlte Karenz ein derart, daß für jedes
Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt
bezogenen vertraglichen Leistungen zu entrichten ist. Nähere Torscheien über die
gah ung der Entschädigung enthält § 74b, Priilegien §5 75e; Ausnahmen von der
ezahlten Karenz finden sich in 5 75 Abs. 3, § 75b, §5 82a. Wieweit der Gehilfe
sich anderweiten Erwerb anrechnen lassen muß, bestimmt § 74c.
3. 5 74a stellt als leitenden Grundsatz hin, daß das Wettbewerbverbot insoweit
Unverbindlich ist, als es nicht zum Schutze eines berechtigten geschäftlichen Interesses
des Prinzipals dient.