Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5 74a (Nr. 5). 6. Abschnitt. Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge. 265 
vorgehoben die Zuführung von Kunden an Konkurrenten durch Reisende, die sich 
erst auf Kosten des Prinz pals die Kundschaft erworben hatten, die Wegnahme des 
Geschäftslokales der Filiale durch einen bisherigen Filialleiter, der ein höheres 
Mietsgebot macht, die Eröffnung eines Konkurrenzgeschäftes durch den bisherigen 
leitenden Gehilfen, wenn der Prinzipal sterbe oder krank werde — Beispiele, die 
freilich von den Gegnern der Klausel als beweisend nicht anerkannt wurden und 
von denen das letzte auch sehr fragwürdig ist. Dagegen war man sich einig, daß 
die Handhabung des Wettbewerbverbotes behufs Abhaltung der Konkurrenz anderer 
Prinzipale nicht unter den Fall des berechtigten Interesses falle, ebensowenig der 
durch das Wettbewerbverbot lediglich erstrebte Zweck, den Gehilfen von Geltend- 
machung höherer Gehaltsforderungen abzuhalten. In der Kommission führte der 
Regierungsvertreter aus, daß im eigentlichen Warenhandel es sich wesentlich um 
den Kundenkreis und das Absatzgebiet, um die Kenntnis der Bezugsquellen und 
der Vertreter, um die besondere Organisation des Geschäftes, um Selbstkosten- 
berechnungen, Rabattsätze u. dgl. m. handle. Im Auslandshandel sei die Klausel 
unentbehrlich, weil erst große Kapitalien aufgewendet werden müßten, um dem 
Geschäft einen festen Stützpunkt zu erarbeiten. In der Industrie kämen technische 
Erfahrungen, Einrichtungen und Vorrichtungen, Betriebsverbesserungen und Be- 
triebsvereinfachungen in Frage, die nicht patentiert werden könnten. Versuche, 
diese Fälle zu einer präzisen Formel zu vereinigen, scheiterten allerdings an dem 
Widerstand der Regierung. Immerhin zeigen die Materialten die Richtung, in 
welcher sich das Gesetz bewegen soll. Es wird darnach berechtigtes Interesse 
süch nicht decken mit Interesse an Aufrechterhaltung der sog. Chancen 
es Ges üftes (ogl bei §5 25 Nr. 2). Solche Chancen, die durch natürliche, ohne 
Jutun des Prinzipals hervorgerufene Verhältnisse erzeugt sind (z. B. Alter, gute 
ege des Geschäfts) will das Geleß nicht zu Monopolen ausgestalten lassen. Schu r 
bedürftig werden grundsätzlich nur die durch geistige oder körperliche 
Arbeit oder durch Aufwendung von Mitteln erst erzeugten Chancen 
sein, insbesondere der durch mühsame Tätigkeit des Prinzipals und seiner Ge- 
hilfen erworbene, nicht jedermann erkennbare Kundenkreis, die eigentümliche Ge- 
schäftsorganisation, besondere, nicht offen zutage tretende Dezugsguellen, besondere 
ethoden und Einrichtungen des technischen Betriebes. Darüber hinaus wird ein 
schutzbedürftiges Interesse mur ausnahmsweise anzuerkennen sein, insbesondere um 
unanständige Machenschaften des Gehilfen zu verhindern, wie in dem Falle der Aus- 
mietung durch Filialleiter oder in dem Falle, daß der zur Ausbildung mit großen Kosten 
ins Ausland geschickte Gehilfe die Ausbildung sofort benutzt, um sich selbständig zu 
machen. Man wird als schutzbedürftiges Interesse dagegen noch nicht den Fall ansehen 
dürfen, daß persönliche Verhältnisse des Geschäftsinhabers (Tod, auswärtiges Wohnen, 
Krankheit) die Konkurrenz des Gehilfen ihm oder seinem Nachfolger besonders fühl- 
bar machen können — denn dem Interesse des Prinzipals steht das des Ge- 
hilfen gegenüber. Tatsächlich wird es sich darnach meist um Geschäfts- und Be- 
triebsgeheimnisse handeln und wird das Wettbewerbverbot für Gehilfen, die eine 
leitende Stellung haben oder Einblick in Geschäfts= und Betriebsgeheimnisse er- 
halten, von Bedeutung sein. Die Judikatur über § 17 des U. W.G. wird hier mit 
Vorsicht verwertet werden können (vgl. Pinner--Eyck, Kommentar über das U.W.G.). 
Nur muß natürlich durch die Möglichkeit der Verwertung von Geschäftsgeheim- 
nissen ein ernsthafter Wettbewerb gerade im vorliegenden Fall hervorgerufen werden. 
Etabliert sich z. B. der Gehilfe eines viele Branchen pflegenden Geschäfts, der 
Geheimnisse gewisser Branchen kennt, in einer Branche, für die jene Geheimnisse 
bedeutungslos sind, so fehlt das schutzbedürftige Interesse des alten Prinzipals. 
Das schutzbedürftige Interesse kann auch dadurch fortfallen, daß das ursprüngliche 
Geheimnis offenkundige Tatsache geworden ist, daß es durch neue Methoden jeden 
Wert verloren hat. Auch bleibt dem Gehilfen der Nachweis, daß bei der Art, wie 
er sein Geschäft durchführt, jede Verletzung geschäftlicher Interessen des Prinzipals 
ausgeschlossen sei, : B. das geschäftliche Interesse des Herrn nur lokal beschränkt 
sei, sich also auf den auswärtigen Ort, wo der Gehilfe sich gewerblich betätigt, 
ger nicht erstrecke (Düringer-Hachenburg § 74 Anm. 7; aus der Judikatur: 
L.G. Karlsruhe in O.L.G. Rspr. I S. 390, wo es sich um ein kleines Speditions-= 
geschäft gegenüber dem Großbetriebe eines Flußschiffahrts- und Transportunter- 
nehmens handelte, O. L. G. Karlsruhe in Bad. Rpr. 08 S. 253, vgal. weitere Bei- 
  
  
 
	        
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