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364 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaft. § 114 (Nr. 3—4).
treten. Als Dritte gelten zunächst alle Nichtgesellschafter, auch die Angestellten.
Ihre Anstellung und Entlassung, die Ausübung der Rechte und Pflichten aus dem
Dienstvertrag ist kein Geschäftsführungs- sondern ein Vertretungsakt (hierzu
Düringer-Hachenburg § 126 Anm. 4). Aber der Satz hat im allgemeinen auch dann
zu gelten, wenn ein Gesellschafter als Dritter mit der Gesellschaft in Beziehung
tritt, ihr z. B. ein Darlehen gewährt oder von ihr Waren kauft. Hier darf nur mit
dem vertretungsberechtigten Gesellschafter kontrahiert werden.1) Dagegen fragt es sich,
ob auch insoweit, als die Gesellschaft mit dem Gesellschafter als golchent
in rechtliche Beziehungen tritt, sie durch einen bertretungsberechligten Gesellschafter
handeln muß. Dies ist richtiger Ansicht nach zu verneinen. Das Gesetzbuch ver-
weist derartige Beziehungen in diesen, nicht in den folgenden Titel, es stellt das
„Rechtsverhaltnis der Gesellschafter unter einander“ dem „Rechtsverhältnis zu
Dritten“ entgegen. Wenn die Gesellschaft gegen den Gesellschafter auf Grund der
§§ 111, 112 Ansprüche erhebt, so genügt, daß sie durch einen Feschäftsführenden Ge-
sellschafter handelt (vgl. v. Gorski S. 56, Behrend S. 538, R.O. H.G. II S. 41, 42).
Es würde auf einen nutzlosen Formalismus hinauslaufen, auch hier ein Handeln
durch den vertretungsberechtigten Gesellschafter zu verlangen (so Düringer-
Hachenburg lV S. 375, § 126 Anm. 14) und andererseits gegen diese den Einwand
aus der mangelnden Geschäftsführung zu geben. Unter Umständen wäre dies auch
ganz undurchführbar, so im Falle des § 113. Folgerichtig wird man auch im um-
gekehrten Falle, daß der Gesellschafter gegen die Gesellschaft auftritt, die Abgabe
der Willenserklärung gegenüber einem der geschäftsführenden Gesellschafter für ge-
nügend erachten müssen (vgl. auch v. Gorski S. 70). Was von Rechtsgeschäften
gt, muß auch von Prozessen gelten, die Unterscheidung Behrend's S. 538, 539
asm. 12 ist nicht zutreffend (vgl. v. Gorski S. 69). Nicht ausgeschlossen ist
natürlich, daß in allen diesen Fällen auch der vertretungsberechtigte Gesellschafter
flÜr die Gesellschaft auftritt (R.O. H. G. XIX S. 416, XXV S. 161). Ja bei Formal-
en. ve- Wechselakten, wo die Firmenzeichnung in Frage kommt, wird dies stets
er Fall sein.
4. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung. Die Geschäftsführung ist Recht
und Pflicht eines jeden Gesellschafters, gleichgültig ob dieser einen Geldbeitrag
leistet oder nicht. Sie steht ihm zu kraft Gesetzes. So weit der Gesellschaftsvertrag
nicht ein anderes bestimmt, kann jeder Gesellschafter verlangen, daß er voll zur
Geschäftsführung zugelassen werde, d. h., daß ihm die Möglichkeit gewährt wird,
alle Handlungen vorzunehmen, die zur Geschäftsführung zu rechnen sind (R.O. H.G.
XXV S. 52). Und umgekehrt kann die Gesellschaft und kann jeder Gesellschafter
von ihm verlangen, daß er seiner Geschäftsführungspflicht in Gemäßheit des
Gesellschaftsvertrages nachkomme (5 133). Dies Verlangen kann klageweise geltend
emacht werden. Uber Vollstreckung Z.P. O. 5 887. Die zur vollen Geschäfts-
ührung HPehörenden Tätigkeiten sind stets faktische und meist auch juristische,
gewöhnlich wird er auch Recht und Pflicht haben, Rechtsgeschäfte abzuschließen.
Der Gesellschaftsvertrag, sowohl der ursprüngliche als der später abgeänderte,
kann aber auch hinsichtlich der Geschäftsführung besondere Grundsätze aufstellen, sei
es, daß er die Geschäftsführung nach den Tätigkeiten (Busch 1 S. 281) oder
Gegenden unter die Gesellschafter teilt, sei es, daß er für gewisse oder alle Geschäfte
ein Zusammenwirken der Gesellschafter oder eines der Gesellschafter mit einem
Dritten (v. Hahn m zu Art. 100) verlangt oder daß er einen der Gesellschafter
nur auf bestimmte Verrichtungen beschränkt oder ihn ganz von der Geschäftsführung
ausschließt oder ihn wenigstens von der Verpflichtung zur Geschäftsführung entbindet
88. bei Holdheim 1905 S. 47) oder daß er das Geschäftsführungsrecht hin-
ichtlich des Stimmrechts Beschränkungen unterwirft (vgl. O. L.G. Braunschweig in
L. Z. 08 S. 553). Ja, es ist nicht ausgeschlossen, daß alle Gesellschafter von der
Geschäftsführung ausgeschlossen werden und ein Dritter mit der Geschäftsführung
betraut wird (v. Hahn § 2 zu Art. 100). Umgekehrt kann der Umkreis der
Geschäftsführung über das gesetzliche Maß der §§ 115, 116 ausgedehnt werden.
Einer besonderen Form bedarf die Ausschließung nicht, sie kann auch durch kon-
1) Ausnahmslos freilich gilt auch dies nicht, der geschäftsführende Gesellschafter,
der z. B. aus der Gesellschaftskasse für sich befugt Gelder entnimmt, geht ein Rechts-
Heschäft mit der Gesellschaft ein.