Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5I 119 (Nr. 2—4), 5 120 (Nr. 1). 1. Abschn. Offene Handelsgesellschaft. 2. Titel. 375 
bestimmte Vorschriften aufstellen, insbesondere Abhalten einer Versammlung ge- 
bieten (vgl. R.G. in J. W. 06 S. 14421). 
3. Majorität. Der Gesellschaftsvertrag kann an Stelle des Einstimmigkeits- Nr. 3. 
prinzips das Maforitätsprinziy setzen (Mot. zum Entw. I des B. G. B. II S. 603), 
sei es für alle, sei es für gerafe Beschlüsse, z. B. über die Gewinnverteilung, auch 
für Anderungen des Gesellschaftsvertrages, sofern darin nicht ein Verstoß gegen 
das zwingende Recht liegt (abweichend Makower l und Cosack S. 666). So wäre 
nicht gültig eine den Ausschluß eines Mitgliedes unter Versagung des Rechtsweges 
dem Belieben der Majorität überlassende Bestimmung (R.O.H.G. XXI S. 84, R.G. Z. 
XXXVIII S. 121). Auch stillschweigend durch fortgesete Ubung kann das Majoritäts- 
prinzip eingeführt werden (Bayer. Obst. Ld. G. im Recht 08 Nr. 1273). Doch wird 
für Anderungen des Gesellschaftsvertrages eine ausdrückliche, klare Festsetzung des 
ehrheitsprinzips erfordert werden müisen. 
Die Majorität kann eine ein fache und qualifizierte sein, nach Köpfen 
und nach der Größe des Kapitalanteiles bemessen sein. Doch soll sie im Zweifel 
nach Köpfen berechnet werden (übereinstimmend B. G. B. 8 709 Abs. 2), und zwar 
als absolute Mehrheit (Mot. zum Entw. I des B. G. B. II S. 603). Daß bei 
Mehrheitsbeschlüssen im Zweifel der Gesellschafter nicht in eigener Sache mitzu- 
stimmen habe, wie R.G. in L. Z. 07 S. 738 annimmt, ist nicht zutreffend (vgl. 
Staub= Pinner Anm. 1). · 
über die Frage, ob die Minderheit den Anspruch auf Gehör hat, entscheidet 
der Vertrag, im Zweifel ist ihr vorheriges Gehör nicht zu versagen (Dürin ger- 
Hachenburg lV S. 99). 
4. Nichtigkeit und Anfechtung von Beschlüssen. Die Nichtigkeit und die An- 
fechtung eines Beschlusses oder der Stimmabgabe wegen Irrtums, arglistiger 
Täuschung oder Drohung regelt sich nach bürgerlichem Recht. Hierzu Heck in der Fest- 
schrift für Gierke 1911 S. 319 ff., Düringer-Hachenburg IV S. 110, § 119 Anm. 5; 
vgl. auch unten bei § 250 Nr. 7. — Eigentümliche Anfechtungsvorschriften wie bei der 
Aktiengesellschaft bestehen hier nicht. Es wird, wie Düringer= Hachenburg aber 
mit Recht betonen, zu beachten sein, daß die Gesellschafter jederzeit eine Bestimmung 
des Gesellschaftsvertrages durch einstimmige, auch in ihrem Verhalten sich aus- 
prägende Willensentschließung außer Kraft setzen können, so daß Nichtgeltendmachung 
eines Widerspruches Anerkennung des Beschlusses — soweit er nicht jus cogens 
verletzt — mit heilender Kraft darstellt. 
8 120. 
Am Schlusse jedes Geschäftsjahrs wird auf Grund der Bilanz der 
Gewinn oder der Verlust des Jahres ermittelt und für jeden Gesellschafter 
sein Anteil daran berechnet. 
Der einem Gesellschafter zukommende Gewinn wird dem Kapital- 
anteile des Gesellschafters zugeschrieben; der auf einen Gesellschafter ent- 
fallende Verlust sowie das während des Geschäftsjahrs auf den Kapital- 
anteil entnommene Geld wird davon abgeschrieben. 
Entw. 1 5 108, 11 § 118; Denkschr. I S. 87, II S. 3182; A.D. H. G.B. Art. 107. 
Nr. 4. 
1. Jährlicher hechmungeabschlue Der bei Gesellschaften von längerer Dauer Nr. 1. 
nach dem B. G. B. § 721 Abs. 2 vorgeschriebene jährliche Rechnungsabschluß gilt im 
Zweifel bei jeder offenen Handelsgesellschaft. Natürlich kann der Gesellschaftsvertrag 
längere oder kürzere Zeiträume anordnen, doch würde in der Anordnung von Zwischen- 
bilanzen eine Abweichung von § 120 noch nicht liegen. — Während im B. G. B. 
auch die Gewinnverteilung am Schlusse eines jeden Geschäftsjahres erfolgen soll, 
gelten im H.G.B. in letzterer Beziehung besondere Grundsätze, darüber bei 122. 
Die Berechnung soll am Schlusse eines jeden Geschäftsjahres (über den Begriff 
des Geschäftsjahres §5 39 Nr. 5) auf Grund der von allen Gesellschaftern unterzeichneten 
Bilanz geschehen. Da nun aber nach § 39 Abs. 2 die Bilanz erst nach Schluß des
	        
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