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388 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaft. § 124 (Nr. 4—5)9.
richter verhängt, so kann sie dagegen Einspruch erheben (K.G. in Johow. Ring
XXXA212), der den Einspruch unterzeichnende Gesellschafter handelt für die
übrigen Gesellschafter mit. Auch öfentlichre tliche Verhandlungen können mit ihr
gepflogen werden, z. B. gewerbe- und baupolizeiliche (pr. O. V. G. im Recht 08, S. 96),
die Polizei kann auch gegen sie zwangsweise vorgehen.
5. Eidesleistung. Die Parteifähigkeit der offenen Handelsgesellschaft bedeutet
nicht, daß sie als Prozeßpartei juristische Persönlichkeit besitzt. So wenig die
ihr zugesprochene Fähigkeit, unter ihrer Firma Rechte zu erwerben und Verbindlich=
keiten einzugehen, eine besondere Rechtspersönlichkeit begründet, so wenig gilt dies
von der ihr erteilten Parteifähigkeit. Stets sind es hier die mehreren zur Gesell-
schaft gehörigen Gesellschafter, die unter der Firmeneinheit auftreten.:) Handelt es
sich somit um Leistung von Eiden, welche der Gesellschaft zugeschoben oder vom
Richter auferlegt sind, so können die für juristische Personen aufgestellten Grundsätze
nicht Platz greifen. Bielmehr gelten die mehreren Gesellschafter als Streitgenossen.
Streitig ist, ob nur die vertretungsberechtigten oder auch die von der Vertretung
ausgeschlossenen Gesellschafter den Eid zu schwören haben. Die herrschende Ansicht
erklärt sich für das erstere. Denn es soll, wie das R.O. H.G. XXI S. 344 bemerkt,
in der Leistung oder Verweigerung des Eides ein dispositiver Akt zu erblicken sein,
der nur von denjenigen vorgenommen werden kann, denen das Recht zusteht, die
Gesellschaft zu verpflichten (vgl. auch R.O. H. G. VI Nr. 21, X Nr. 75). Demgem
soll der Eid geleistet werden können nur von den zur Vertretung befugten Gesell-
schaftern. Andererseits genüge es nicht, daß von mehreren vertretungsberechtigten
— aftern ein einzelner schwöre, vielmehr hätten alle von der Vertretung nicht
ausgeschlossenen Gesellschafter den Eid zu leisten. Z.P.O. 88 474, 472 sänden
Anwendung, für richterliche Eide Z.P.O. S 476. Zur Eidesleistung berechtigt
und verpflichtet seien alle zur Zeit der Eidesleistung oder richtiger zur
Zeit der Verkündung des bedingten Endurteils (R.G. in L.8. 08 S. 85620)
vertretungsberechtigten Gesellschafter (R.O. H. G. VI Nr. 21, IX Nr. 5, X Nr. 75,
XX S. 181, XXI S. 344, R.G.Z. XIV. Nr. 5 XILV S. 341, 428, Seuffert
XXXX Nr. 221, LIII S. 473, LVI S. 232 (O.L.G. Braunschweig), R.G. bei Gruchot
XILII S. 1199, L. Z. 1912 S. 539), gleichgültig, ob von ihnen das Rechtsgeschäft
abgeschlossen sei oder ob die abschließenden Gesellschafter vorher ausgetreten oder
estorben seien, gleichgültig auch, ob sie an der Geschäftsführung beteiligt oder
avon aus iis seien (O. L.G. Breslau im Recht 03 S. 404). Denn da die
offene Handelsgesellschaft trotz Wechsels ihrer Mitglieder dieselbe Partei bleibe, 66
hätten die zur Zeit der Eidesleistung als gesetzliche Vertreter fungierenden Gesell-
1) Folglich können sie das Armenrecht im Prozeß bewilligt erhalten (R.G. in
Seuffert LIV Nr. 53, anders LVII Nr. 164 und O.L.G. Dresden ebenda L Nr. 278)
und darf kein Gesellschafter in Prozessen der Gesellschaft als Zeuge vernommen
werden (R.G. Z. XVII Nr. 91, XXXII Nr. 110, O.L. G. Braunschweig in Seuffert
VI S. 232), was aber nur so lange gilt, als er zur Gesellschaft been (R.G.Z.
XIIX Nr. 111, Recht 02 S. 375, Gruchot LIV S. 673). Der ausgeschiedene Ge-
sellschafter kann Zeuge sein, nur wird es sich häufig enpfehlen, ihn unbeeidigt zu
vernehmen (R.G. bei Holdheim 02 S. 74). Hellwig, Lehrbuch II S. 373 Anm. 24
und Anspruch S. 276 Anm. 4 nimmt an, daß die von der Vertretung ausge-
schlossenen Gesellschafter als Zeugen vernommen werden können, ebenso Jaeger
in L. Z. 1910 S. 152. Vgl. auch Förster-Kann S. 958. Kohlen a. a. O. S. 245,=
246 läßt jeden Gesellschafter fähig sein, Zeuge zu werden. — Ferner ist, wenn die
Gesellschaft klagt, der Richter, der Mit esellschafter ist, nach Z. P. O. § 411 ausge-
ech ssen. — Dagegen kann ein Gesellschafter als Nebenintervenient dem Prozesse
er Gesellschaft beitreten (R.G. Z. V S. 71, XXXIV Nr. 93, J.W. 02 E. 2138),
weil er insofern Dritter ist, als es sich einerfeits um die Haftung mit dem Gesell-
schaftsvermögen, andrerseits um die — mit dem Privatvermögen handelt
(Düringer-Hachenburg § 124 Anm. 8, Staub-Pinner Anm. 15, die mit.
Recht auf die Analogie der Widerspruchsklage aus § 771 Z. P.O. verweifen, wenn
das gegen die Gesellschaft erlassene Urteil in das Privatvermögen eines Gesell-
schafters vollstreckt werden soll (unten § 129 Nr. 6)).