8 125 (Nr. 10—11). 1. Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft. 3. Titel. 395
b) Es können alle Gesellschafter Kollektivvertretung haben, doch so, daß es
genügt, wenn für den einzelnen Fall immer nur ein Teil von ihnen zusammen
auftritt, z. B. von fünf Gesellschaftern je zwei.
Jc) Es kann ein Teil der Gesellschafter Gan zvertretung, ein anderer Gesamt-
vertretung haben, und zwar so, daß die Ganzvertretenden auf der einen Seite, die
mit Gesamtvertretung ausgestatteten auf der anderen Seite stehen, daß 4 V. A
Ganzvertretung, B und C Gesamtvertretung haben. Dagegen nicht so, daß der eine
für sich namens der Gesellschaft handeln, der andere dagegen nur mit ihm zusammen
handeln darf, daß also A Ganzpvertretung, B dagegen nur mit A zusammen handeln
darf. Diese sogenannte halbseitige Gesamtvertretung ist unzulässig (Adler-
Clemens Nr. 1162, Bie, Kollektivprokura S. 36, Staub-Pinner § 125 Anm. 2,
K.G. in 3.H.K. IX S. 479, L.G. Hamburg in &.3. 1910, S. 95) — nicht zwar,
weil sie ohne jeden Wert wäre, denn sie hätte die Folge, daß zur Entgegennahme
von Willenserklärungen der A wie der B enächtigt wären (Abs. 2 Satz 3), daß
ferner das Wissen oder Wissenmüssen des B von Bedeutung sein kann (B.G. B.
§5 166, vgl. Düringer-Hachenburg Anm. 6), aber sie widerspricht der gesetzlichen
Formulierung, daß mehrere Gesellschafter „nur in Gemeinschaft zur Vertretung er-
mächtigt sein sollen“ (anders Düringer-Hachenburg a. a. O.) Auch nicht so, daß
unter gewissen Bedingungen oder für gewisse Fälle der eine Ganzvertretung, im
übrigen aber nur mit anderen zusammen Vertretung habe (K.G. in Entsch. F.G. IX
S. 112, XII S. 32).
d) Es kann endlich für genügend erklärt werden, daß, soweit nicht mehrere
handeln, der eine von den Gesamtvertretern (oder jeder einzelne der Gesamt-
vertreter) in Gemeinschait mit einem Prokuristen handele (Abs. 3), worin implicite
liegen würde, daß auch der Prokurist nur Gesamtvertretung haben soll (Düringer-
Hackenburg §50 Anm. 3). Nicht notwendig wäre dann, daß ein Prokurist zur Zeit
des Krlaften der Bestimmung bereits bestellt ist Marcus in Holdheim 1911, S.324).
Solchenfalls würde bei der Zeichnung der Firma der Gesamtvertreter einfach seinen
Namen der Firma beifügen, der Prokurist dagegen mit dem Zusatz „pp.“. Die For-
mulierung des Abs. 3 läßt es zweifelhaft erscheinen, ob diese bis dahin in ihrer
Gültigkeit bestrittene Form der Kollektivvertretung nur als Aushilfsmittel bei wirklich
angeordneter Kollektivvertretung angewendet werden darf oder ob überhaupt die
Anordnung einer Vertretung durch einen Gesellschafter lediglich in Gemeinschaft
mit einem Prokuristen zulässtg sei. Doch dürfte die erstere Auffassung die richtige
senm. Hätte demnach nur ein Gesellschafter Vertretungsbefugnis erhalten, so wäre
olche Anordnung unzulässig (vgl. Bie S. 26, 27 K.G. in Entsch. F. G. XII S. 215
— Johow-Ring XIIV S. 126, a. A. Makower Anm. 1IV). Unzulässig ist auch
die Anordnung einer Gesamtvertretung durch einen Gesellschafter und einen Handlungs-
bevollmächtigten landers Makower Anm. IVb und Staub-Pinner Anm. 14,
vgl. indessen unten Nr. 11, 12).
In allen vier Fällen ist notwendig, damit die Gesellschaft vertreten werde,
daß die namens der Gesellschaft auftretenden Gesellschafter zusammen rechtsgeschäft-
lich tätig werden. Und zwar erstreckt sich die Kollektivvertretung stets auf die Vertretung
im Ganzen (anders bei der Kollektivgeschäftsführung). Eine Kollektivvertretung
nur für eine einzelne Art von Geschäften ist ebenso unzulässig, wie jede sonstige
dem Prinzip der absoluten Vertretungsbefugnis widersprechende Beschränkung (3. B.
Erteilung der Kollektivvertretung nur für eine bestimmte Zeit). Hinsichtlich der Art
des Zusammenhandelns kommen hier dieselben Grundsätze zur Anwendung, wie bei
der Gesamtprokura (oben 8 53 Nr. 2, § 51 Nr. 2, § 48 Nr. 10). Es ist demnach
entweder nötig, daß die mehreren Gesamtvertreter dem Gegenkontrahenten gegen-
über zusammen auftreten, sei es, daß jeder die Erklärung mit abgibt, sei es, daß
die Abgabe nur von einem geschieht, daß aber die anderen vem Deitten ge enüber
ihre Zustimmung ausdrücken, sei es sofort, sei es nachträglich (R.G. in L. Z. 1910,
S. 847, Seuffert LXV S. 133) oder aber es genügt, daß ein Teil der Gesamt-
vertreter nach außen auftritt, die übrigen nachträglich nach innen ihre Genehmigung,
wenn auch formlos, erteilen, vorausgesetzt, daß im Moment der Erteilung der Ge-
nehmigung diejenigen, die den Rechtsakt vornahmen, auch daran festhalten. Die
letztere Moglichkeit wurde früher für unzulässig erklärt (vgl. R.G. Z. XLI S. 19), ist
aber jetzt durch das Reichsgericht in bewußter Abweichung von der älteren Praxis
anerkannt werden (R.G.Z. LXXXI Nr. 76, oben §5 48 Nr. 10). Uber die Art der