Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 12. 
396 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaft. § 125 (Nr. 11—129. 
Firmenzeichnung bei § 108. Im Prozesse müsssen sie die prozessualen Handlungen 
emeinsam vornehmen. Auch wenn Gefahr im Verzuge ist, kann nicht einer der 
ollektivvertreter einzeln auftreten (anders bei der Kollektivgeschäftsführung; a. A. 
Renaud C. G. S. 372). Ebensowenig kann die Erteilung oder der Widerruf der 
Prokura von einem der Kollektivvertreter allein mit Wirkung nach außen erfolgen 
(5 126 Abs. 1, wieder anders bei der Kollektivgeschäftsführung, § 116 Abs. 3). Soweit 
nach B.G.B. § 166 Abs. 1 Willensmängel, Kennen oder Kennenmüssen gewisser Um- 
stände die rechtlichen Folgen der Willenserklärungen beeinflussen, genügt es, daß bei 
einem der Kollektivvertreter jener Tatbestand vorliegt (Bolze I Nr. 1186, IV Nr. 807, 
R.G. in JW. 04 S. 1675). 
Soweit die Kollektivvertreter zusammen rechtsgeschäftlich tätig werden, vertreten 
sie die Gesellschaft innerhalb des Rahmens der ihnen zustehenden Vertretungsmacht. 
Haben sie Vertretung für die sämtlichen Niederlassungen der Gesellschaft, so vertreten sie 
die Gesellschaft schlechthin. Ist die Vertretung nur auf eine von mehreren Nieder- 
lassungen beschränkt (§ 126 Abs. 3), so können sie nur für diese auftreten. Hat ein Gesell- 
schafter die Vertretung mit dem Prokuristen gemeinsam, so umgrenzt nicht § 49 die 
Vertretungsbefugnis, vielmehr liegt darin zugleich die Erteilung einer darüber hin- 
ausgehenden Vollmacht (val. Joho#n XV S. 100, so auch Staub-Pinner *X 125 
A. 16, anders Bie S. 36, 37, Düringer- Hachenburg § 50 Anm. 3, § 125 
Anm. 14). Soweit nach dem Obigen ein Gesamthandeln erforderlich ist, würde das 
alleinige Auftreten eines von mehreren Kollektivvertretern als Vertreten ohne Ver- 
tretungsmacht erscheinen und den Grundsätzen des B. G. B. 55 177—180 unterliegen, 
demgemäß nach B. G. B. 5 177 Satz 1, S. 182 Abs. 2 durch die Genehmigung seitens 
der Gesellschaft mit rückwirkender Kraft eine Heilung eintreten (vgl. R.G. Z. LXIII 
Nr. 25), soweit solche Genehmigung möglich ist (z. B. nicht in Fällen von § 180 B. G. B.). 
Wieweit in dem Schweigen der offenen H.G. eine Genehmigung liegt, entscheidet sich 
nach allgemeinen Grundsätzen (R.G. Z. LXXV Nr. 101). steh die Gesellschaft nur 
aus den mehreren Kollektiovertretern, die gegebenenfalls in Frage kamen, so könnte 
danach in dem Schweigen des nicht handelnden Kollektiovertreters eine Genehmigung 
der Gesellschaft liegen (vgl. R.G. bei Holdheim 1910, S. 277). 
11. Wunohmen von dem Erfordernis des Zusammenhandelns der Gesamt- 
vertreter. Das Gesetz macht von dem Grundsatz, daß die Gesamtvertreter zusammen 
rechtsgeschäftlich tätig sein müssen, mehrere Ausnahmen, die sich bei der Gesamt- 
prokura nicht finden: 
a) Es gestattet den Gesamtvertretern, einen einzelnen oder einzelne 
von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von 
Geschäften zu ermächtigen, d. h. ihnen eine bürgerliche Spezialvollmacht oder 
eine Spezialhandlungsvollmacht (5 54) zu erteilen. Nach allgemeinenu Grund- 
sätzen des bürgerlichen Rechts (B.G.B. S 181) würde in Ermangelung besonderer 
Ermächtigung durch den Gesellschaftsvertrag solcher Erteilung das Bedenken ent- 
gegenstehen, daß ein Vertreter nicht in eigenem Namen mit sich selbst ein Rechts- 
geschäft vornehmen kann. Denn da unter den die Vollmacht Erteilenden der Be- 
vollmächtigte selbst ist, würde er bei dem Rechtsgeschäft der Bevollmächtigung 
mitzuwirken haben. Das Gesetz weicht hiervon, um den Bedürfnissen des Lebens 
Rechnung zu tragen, ab. Stets handelt es sich dabei um Erteilung von Spezial- 
vollmachten, eine generelle, bürgerliche oder Handelsvollmacht, können die Kollektiv- 
vertreter nur einem Dritten erteilen. Stets erfolgt die Erteilung (und damit der 
Widerruf) durch die Kollektivvertreter, nicht bloß den einen von ihnen (anders 
Düringer-Hachenburg Anm. 10). Ebenso wenig kann ein einzelner der Kollek- 
tivvertreter eine Vollmacht an einen Genossen oder einen Dritten erteilen, auch 
nicht einen Dritten beolimächtigen. statt seiner an der Kollektivvertretung teilzu- 
nehmen (anders Düringer-Hachenburg Anm. 10). Wohl aber kann derjenige 
Kollektivvertreter, der nach dieser Bestimmung Spezialvollmacht erhalten hat, 
möglicherweise kraft dieser einen Dritten oder einen Mitkollektivvertreter wiederum 
ermächtigen. Hatten z. B. die drei Kollektivvertreter A, B, C den C zur Vornahme 
bestimmter Verkäufe ermächtigt, so kann C kraft dieser Ermächtigung möglicher- 
weise den B zur Quittierung Über eine geleistete Zahlung ermächtigen. Wie weit 
dies zulässig ist, ergibt sich aus den bei § 54 erörteten Grundsätzen. Die Erteilun 
der Ermächtigung vollzieht sich nach allgemeinen Vorschriften, sie kann auch dur
	        
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